Christ und Welt – 18. Februar 2021 Die Kirche kann es nicht allein


Rote Texte = Kommentare



Wer in der Kirche sexuellen Missbrauch erlebt hat, erfährt von der Institution kaum Gerechtigkeit. Jetzt muss der Staat eingreifen. Ein offener Brief von Betroffenen zur Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz Von Matthias Katsch, Patrick Bauer und Karl Haucke

18. Februar 2021, 9:07 Uhr Erschienen in Christ & Welt 3 Kommentare https://www.zeit.de/2021/08/missbrauchsskandal-kirche-aufklaerung-sexueller-missbrauch-deutsche- bischofskonferenz

Krise im Erzbistum Köln: Kardinal Rainer Maria Woelki steht seit Wochen in der Kritik, weil er sich weigert, ein Gutachten über sexuellen Missbrauch in seinem Bistum zu veröffentlichen. © Dirk Wüstenhagen/Westend61

 

Die Autoren

Matthias Katsch ist Sprecher der Initiative Eckiger Tisch. Der Verein vertritt die Interessen von Betroffenen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Patrick Bauer und Karl Haucke waren vor ihrem Rücktritt Mitglieder des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln. Bauer ist Mitglied des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz, Haucke ist Mitglied im Verein der Missbrauchsopfer des Redemptoristenordens.

Wir, die Autoren, haben uns seit über zehn Jahren für Aufarbeitung, Hilfe und Entschädigung der Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs insbesondere im Kontext der katholischen Kirche engagiert. Diese Themen gehören ins Parlament, um dort diskutiert zu werden. Wir brauchen Hilfe, trotz der Erfolge der letzten Jahre. Hier sind unsere Forderungen:


1) Wir schlagen die Einsetzung einer Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission durch das Parlament vor, die den Aufarbeitungsprozess für das jahrzehntelange systematische institutionelle Versagen in den Kirchen begleitet. Die Institutionen müssen dort über ihre Fortschritte berichten, Betroffene müssen gehört werden.


Eine solche Kommission ist gut und wohl, aber ihr wohnt schon wieder das inne, was die Betroffenen satt haben bis oben hin. Es soll eine Kommission aus Fachleuten und was weiß ich welchen Leuten gebildet werden, die alle glauben, sie wüssten viel. Und die Betroffenen sollen mal wieder nur „gehört“ werden. Das gab es in der Vergangenheit schon zur Genüge und es macht keinem Betroffenen Spaß, seine Geschichte wieder und wieder vor irgendeinem Gremium zu erzählen. Die Betroffenen sind froh, dass es endlich Betroffenenbeiräte gibt, die aus tatsächlich Betroffenen bestehen, also Menschen, die am eigenen Leib Missbrauch erfahren haben. Kein Wissenschaftler oder Experte kann sich, wenn er nicht selbst Betroffener ist, in die Lage eines Betroffenen hineinversetzen. Er kann nur erahnen, wie es sich anfühlt, missbraucht worden zu sein, die Traumatisierung erlebt zu haben. Und deshalb ist es so wichtig, dass es Betroffenenbeiräte gibt bzw. weitere gebildet werden. Was jetzt gerade in Limburg passiert, ist kein Betroffenenbeirat. Die Satzung ist bereits von den Bistümern Limburg, Fulda und Mainz unter der Führung des Limburger Bischofs Bätzing erstellt worden, also nicht vom Beirat selbst. Außerdem sind bei 9 Mitgliedern, die der Beirat haben soll, neben Betroffenen Personen aus den verschiedensten Gruppen vorgesehen, nämlich Mitarbeiter von unabhängigen Beratungsstellen, Fachleute aus Psychologie, Medizin, Pädagogik, Fachleute aus Justiz oder Verwaltung, Vertreter der beteiligten Bistümer, Personen mit Erfahrung in Aufarbeitungsprojekten und Personen mit Fachkompetenzen aus Prävention und Kinder- wie Jugendschutz. Alles gut und wohl, aber das ist kein Betroffenenbeirat, sondern ein Beirat zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Die Besetzung selbst wird durch ein Auswahlverfahren durchgeführt. Dieses orientiert sich an den Standards des Beirats beim UBSKM. Die Auswahl erfolgt durch ein Auswahlgremium, was bei den Generalvikaren der 3 Bistümer ansässig ist.


Die Kirche kann es nicht allein. Das hat sie in den vergangenen Jahren zur Genüge bewiesen. Aufarbeitung ist keine "innerkirchliche Angelegenheit", sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.


In Köln wird die Untersuchung von einer unabhängigen Kanzlei erstellt. Die sind in keiner Hinsicht mit der Kirche verbunden, sondern arbeiten völlig unabhängig. Und die ersten Zahlen über Täter und Opfer lassen schon erkennen, dass es für manche sehr unangenehm werden wird. Was ist daran „innerkirchlich“? Die Kirche tritt hier als Auftraggeber auf und bezahlt die Erstellung des Gutachtens, nimmt aber keinen Einfluss. Und wenn man staatliche Bemühungen sieht, dann kann man froh sein, dass die Kirche das Gutachten in Auftrag gibt und bezahlt, bei staatlicher Auftragsvergabe wäre man vielleicht in 10 Jahren im Auswahlverfahren der Kanzlei und die Kosten für diesen Auftrag wären wohl noch nicht abschließend geklärt.


Und: Ohne Aufarbeitung kann Prävention nicht gelingen. Nur wer die Verbrechen und Versäumnisse der Vergangenheit aufklärt, offenlegt und Ausgleich sucht, tut das Notwendige, um Kinder heute besser zu schützen. Eine Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission auf gesetzlicher Basis wäre ein Weg, den andere Staaten bereits gegangen sind.


Ob eine solche Kommission tatsächlich eine bessere Aufarbeitung leisten würde als eine Kanzlei ist fraglich. Am 18.3.2021 wird in Köln ein rechtssicheres Gutachten vorgestellt, in dem hunderte Namen genannt werden sollen. Was das nach sich ziehen wird kann man heute nur erahnen, aber es kann eine große Welle sein. Und wenn ein Gesetz nicht sehr sorgfältig ausgestaltet wird, dann besteht die Gefahr, dass einzelne Tatbestände nicht erfasst werden und die Täter davonkommen. Ob also eine solche Kommission optimal ist darf bezweifelt werden. Dazu kommt noch, dass eine solche Kommission ja für alle Taten zuständig sein würde, also für die innerhalb der Kirchen, aber auch für sämtliche anderen Taten. Wenn wir uns vor Augen halten, dass die Zahl der Taten in die Tausende geht, wie lange soll das denn dann im Einzelfall die Aufarbeitung dauern? Wann werden dann Namen genannt? Wann werden die Täter und Vertuscher zur Rechenschaft gezogen? Wenn man also an einer zügigen Aufklärung interessiert ist, dann kommt man an der dezentralen Aufarbeitung nicht herum.


2) Die Stärkung, Vernetzung und juristische Beratung von Betroffenen muss endlich auch finanziell unterstützt werden. Selbsthilfe braucht einen Rahmen, der die Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements übersteigt. Es gibt ein starkes Bedürfnis nach Austausch, ohne sich erklären zu müssen. Viel zu langen waren die Opfer mit ihrer Geschichte allein.


Genau, die Selbsthilfe der Betroffenen muss gestärkt werden, und zwar in jeder Hinsicht, nicht nur finanziell. Und das wird in einem Betroffenenbeirat durch Betroffene für Betroffene erreicht, denn diese Menschen wissen, was sie wollen, worüber sie reden und für was sie kämpfen.


3) Gemeinsam mit den Betroffenen muss eine unabhängige Anlaufstelle geschaffen werden. Bereits bestehende Fachberatungsstellen vor Ort können dabei mitwirken, wenn sie sich mit den Besonderheiten kirchlich sozialisierter Opfer vertraut gemacht haben. Dabei müssen alle Betroffenen sexueller Gewalt in der Kirche einbezogen werden, nicht nur jene, die der Täterorganisation genehm sind.


Und nicht nur die, die der Anlaufstelle genehm sind, sondern wirklich alle, auch die, die lästig sind mit ihren Bedürfnissen und Forderungen.


4) Für die Unterstützung der etwa 5000 lebenden Opfer, die sich bislang gemeldet haben, schlagen wir die Gründung eines "Opfergenesungswerks" vor, das von den Kirchen finanziell ausgestattet wird, aber unabhängig operiert und Betroffene mit beteiligt.


Hier sollen mal wieder Betroffene nur „beteiligt“ sein, es liegt aber nicht in ihren Händen. Außerdem kann das Opfergenesungswerk, was die drei Autoren fordern, so nicht umgesetzt werden. Wenn die Kirchen dies finanzieren sollen, dann können alle anderen Missbrauchsopfer, die nicht durch Personen der Kirche missbraucht wurden, dort

nicht bearbeitet werde. Es ist kaum denkbar, dass die Kirchen so etwas finanzieren werden, wenn alle Missbrauchsopfer dort abgewickelt werden sollen. Der Bund hat für Missbrauchsopfer als Anlaufstelle den "Weißer Ring" eingerichtet.


5) Die Opfer der Missbrauchsverbrechen und der Vertuschung durch kirchliche Leitungs- und Personalverantwortliche müssen endlich angemessen entschädigt werden. Die verbesserten Anerkennungsleistungen, die die Kirche nun endlich gewähren will, zeigen, dass der öffentliche Druck gewirkt hat. Das Parlament sollte klären, wie angemessene Entschädigungen aussehen sollten. Die Vorschläge, die unter Einbeziehung von Betroffenen 2019 entwickelt wurden, liegen vor. Ebenso das Konzept, das die katholischen Bischöfe angefangen haben umzusetzen, dem sich aber nicht einmal alle Gliederungen anschließen wollen. Auch für die EKD muss eine klare institutionelle Verantwortungsübernahme durchgesetzt werden statt intransparent festgelegter "individueller Leistungen". Eine vom Parlament beauftragte Kommission sollte mit einem klaren zeitlich begrenzten Auftrag beauftragt werden, eine Lösung zu erarbeiten, die nicht nur die Interessen der Institution, sondern auch die der Betroffenen abbildet.


Die Leistungen, die bisher angeboten werden, sind in den wirklich schweren Fällen erheblich zu gering. Selbst der vor einiger Zeit genannte Rahmen von 300.000 bis 400.000 ist zu gering. Dieser Rahmen müsste bis zu 900.000 EUR gehen, was keine utopische Zahl ist, sondern aus einer fundierten Berechnung hervorgeht.


Im Januar 2010 haben Opfer sexueller Gewalt in der Kindheit durch Priester der katholischen Kirche angefangen, öffentlich zu sprechen.


Sofort wurde ihnen "Aufklärung" und "rasche, unbürokratische Hilfe" versprochen. Die Bundeskanzlerin forderte "Wahrheit und Klarheit". Nichts davon ist bis heute verwirklicht worden. Der "Runde Tisch Sexueller Kindesmissbrauch" wurde von der Politik eingerichtet, die sich danach in die Beobachterrolle an der Seitenlinie begeben hat. Damit wird sie der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe nicht gerecht. Mit dieser Zurückhaltung muss Schluss sein. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs braucht den Rückhalt des Parlaments, um gegenüber den Kirchen erfolgreich auftreten zu können. Dieses Amt sollte gestärkt werden, etwa durch eine regelmäßige Berichtspflicht.


2011 wurde von der katholischen Kirche den Opfern eine symbolische "Anerkennungszahlung" von bis zu 5000 Euro angeboten. Die evangelische Kirche versprach "individuelle Leistungen". Beide Kirchen erklärten sich bereit, sich an einem Fonds der Bundesregierung zur Finanzierung von Sachleistungen zu beteiligen. Ohne Beratung und Information haben nur sehr wenige Betroffene den Weg zu diesen Angeboten gefunden. Sicher kein

Zufall. Menschen, die als Kinder nicht nur Opfer der grausamen Gewalterziehung in den von den Kirchen betriebenen Heimen wurden, sondern dabei auch sexuellen Missbrauch erlitten hatten, wurde der Zugang verwehrt.


Hier besteht in der Tat Handlungsbedarf.


Aus dem in der Bundestagsdebatte vom März 2010 angekündigten Gesprächsforum mit den Betroffenen wurde leider nichts. Ihren Platz am Runden Tisch der Institutionen mussten sie sich erst erkämpfen. Vor allem haben wir uns einen Platz in der Öffentlichkeit erkämpft.

Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner – nach dieser Devise haben wir Betroffenen in den vergangenen Jahren ein oft verzweifeltes Engagement aufgebracht. Leider werden auch bis heute Selbsthilfe und Selbstorganisation der Betroffenen sexualisierter, körperlicher und seelischer Gewalt durch Mitarbeiter und Kleriker der katholischen Kirche nicht unterstützt, weder von den Verursachern noch vom Staat.


Und hier ist die Einrichtung eines Betroffenenbeirats ein probates Mittel. Wenn es die Betroffenen ernst meinen und an tatsächlicher Aufklärung interessiert sind, dann arbeiten sie bei der Aufklärung mit und nicht dagegen, wie es leider in Köln der Fall ist, wo die Arbeit der Kanzlei, die das neue Gutachten erstellt, bereits im Vorfeld der Veröffentlichung schlecht gemacht wird, wo man mit aller Gewalt ein nicht rechtssicheres Gutachten veröffentlicht sehen will, was von Juristen als nicht rechtssicher bewertet wird, selbst auf die Gefahr hin, dass der eigentliche Wert eines Gutachtens durch endlose Rechtsstreitigkeiten verloren geht. Die Chancen, dass am 18.3. aber etwas wirklich Gutes herauskommt stehen gut, nicht zuletzt durch die Mitarbeit des Betroffenenbeirats an dem Gutachten.

 

Als im Herbst 2018 die MHG-Studie vorgelegt wurde, erklärten die Verantwortlichen in der katholischen Kirche erneut ihre Bereitschaft zur Aufarbeitung. Sogar von Entschädigung war auf einmal die Rede. Davon ist zweieinhalb Jahre später wenig geblieben. Statt eines einheitlichen Vorgehens hat der Beobachter es nun mit bis zu 27 Aufarbeitungsprojekten in den einzelnen Bistümern zu tun. Dazu kommen ein Dutzend größerer und mehrere hundert kleine Orden, die zum Teil noch nicht einmal mit der Aufklärung angefangen haben und bis heute keine Linie finden, ob sie wenigstens die verbesserten Anerkennungszahlungen der Bischöfe für ihre Opfer übernehmen wollen. Von Entschädigung ist keine Rede mehr.


Die Bistümer an sich sind nicht das Problem. Die Zerrissenheit unter den Bistümern, die Missgunst des einen Bischofs auf den anderen, die Unbedachtheit in manchen Äußerungen geben viel mehr zu denken. Wenn ein Bischof Marx ein Gutachten erstellen lässt, es aber sofort im Tresor verschwinden lässt, sich aber anmaßt, seinen Kollegen Woelki öffentlich zu beschimpfen, ihm Vertuschung vorwirft, weil er dafür Sorge trägt, dass genau das, was in München mit dem Gutachten passiert ist, in Köln nicht passiert, dann ist das ein Problem. Und wenn dann auch noch andere Bischöfe, an der Spitze der Vorsitzende der DBK, ins gleiche Horn stoßen, dann ist das ein großes Problem. Kein einziges Bistum hat es bislang gewagt, hunderte Namen von Tätern und Vertuschern zu nennen, aber genau das steht in Köln bevor. Es scheint, dass die Genauigkeit, mit der Kardinal Woelki in Köln entgegen allen Widerständen vorgeht, den anderen nicht passt, weil er nach der Veröffentlichung des Gutachtens seitens der anderen Bischöfe als Nestbeschmutzer angesehen werden könnte. Möglicherweise haben aber die anderen Bischöfe auch Angst, an dem Gutachten des Kölner Erzbistums gemessen zu werden und sehen da was auf sich zukommen, was sie um jeden Preis verhindern wollen. Da stellt sich doch die Frage, wer hier der Vertuscher ist. Die Ordensgemeinschaften sind ein Kapitel für sich. Hier wäre es seitens der DOK angebracht, die Orden dazu zu bewegen selbst tätig zu werden.


"Wir Betroffenen haben in den vergangenen Jahren ein oft verzweifeltes Engagement aufgebracht".


Die Opfer warten seit nunmehr zehn Jahren auf eine angemessene Entschädigung. Kinder wurden oft fahrlässig in Gefahr gebracht, weil Täter nur versetzt wurden. Mit der Bewältigung der lebenslangen Folgen des erlittenen sexuellen Missbrauchs werden die Opfer alleingelassen, weil die Verbrechen von der Bistumsleitung und den Dienstvorgesetzten der Täter nicht aufgedeckt, sondern vielmehr vertuscht und verheimlicht wurden. Damit wurden den Tätern weitere Verbrechen ermöglicht, das Leid der Opfer verlängert und ihnen vielfach der Weg zu Hilfe und therapeutischer Bearbeitung ihrer Traumata erschwert. Mit symbolischen Anerkennungszahlungen, wie sie die Kirche immer wieder anbietet, ist vielen Betroffenen nicht geholfen. Eine angemessene Entschädigung sollte sich an den von einer unabhängigen Arbeitsgruppe unter Mitwirkung von Expertinnen und Experten, darunter auch Betroffene, im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz erarbeiteten Empfehlungen vom September 2019 orientieren.


Es stimmt, dass die Opfer schon viel zu lange warten. Und auch die Höhe der von der DBK festgesetzten Anerkennungsleistung in Höhe von maximal 50.000 EUR ist viel zu gering. Die von der Expertengruppe vorgelegte Empfehlung in Höhe von 300.000 bis 400.000 EUR ist auch zu gering, wenn man sich Extremfälle anschaut. Aber Geld ist nur eine Seite der Medaille, die Aufarbeitung, die Aufklärung, das Nennen von Namen, das ist es in erster Linie, was Betroffenen wollen. Die Geldleistung ist wichtig, aber eben der zweite Schritt, der sich aus dem ersten ergibt.


Es darf dabei keine erneute traumatisierende Belastung der Opfer geben und auch keine Demütigung durch einseitig verordnete symbolische Beträge. Das Parlament sollte sich an die Seite der Betroffenen stellen und als "ehrlicher Makler" einen Ausgleich suchen. Die Betroffenen haben ein Recht auf Aufklärung und auf Entschädigung. Sie brauchen auch in Zukunft Hilfe, Beratung und Unterstützung. Ein "Opfergenesungswerk", das dauerhaft einen Beitrag für die Gesundung der Opfer leistet, könnte beispielgebend für den Umgang auch mit anderen Opfergruppen in unserer Gesellschaft werden.

Auch wenn die Kirchen alles getan haben, um den Eindruck zu erwecken, die Taten in den Sakristeien und Sprechzimmern, in den Schlafsälen und Duschräumen ihrer Internate seien mit Missbrauchsverbrechen an anderen Tatorten, etwa in einer Familie oder einem Sportverein, auf gleicher Ebene vergleichbar: Dem ist nicht so.


Stimmt. Die Kirche erhebt für sich den Anspruch einer moralischen Instanz, die bestimmte Werte hat. Dass Mitglieder dieser Organisation genau entgegen diesen Werten Missbrauch verübt haben, macht die Taten umso verwerflicher. Deswegen muss man die Unterschiedlichkeit in der Struktur der Täter suchen, nicht in der Art und Weise der Taten. Dazu kommt noch der finanzielle Aspekt: Wenn eine Tat innerhalb der Familie oder dem Sportverein passiert, dann wird der überführte Täter - hoffentlich - eine Haftstrafe erhalten. Aber was ist mit dem Opfer? Selbst wenn ihm eine Entschädigungszahlung zugesprochen wird, so bleibt diese wahrscheinlich unbeglichen, denn ein verurteilter Täter, solange er nicht vermögend ist, wird die im Raum stehenden Beträge kaum zahlen können. Und außer Großvereinen hat kaum ein Sportverein die Mittel, daraus Entschädigungen im 4-, 5- oder sogar 6-stelligen Bereich zu zahlen. Eine Versicherung dafür gibt es nicht. Wenn wir nun aber die Kirche für die Taten verantwortlich machen, eben auch in finanzieller Hinsicht, wie sieht es denn dann bei den finanziellen Leistungen aus, wenn der Täter keiner großen Organisation angehört, die hier herangezogen werden kann? Hier müsste eine Lösung gefunden werden, damit die Opfer nicht leer ausgehen, aber wie könnte die aussehen?


Wenn ein Radfahrer von einem Lkw überfahren wird, ist dies eine fürchterliche, individuelle Tragödie mit einem gesellschaftlichen Rahmen. Wenn ein Unternehmen die häufigen und regelmäßig von seinen Fahrern verursachten Unfälle an Radfahrern systematisch vertuschen, die Fahrer dafür an andere Standorte versetzen und die Opfer zum Schweigen verdammen würde, bis das Unternehmen sich sicher sein könnte, dass alles verjährt ist – dann hätten wir eine Ahnung vom Ausmaß des institutionellen Verbrechens.

Diese Verbrechen bleiben in unserer Rechtsordnung weitgehend ungesühnt. Obwohl die Kirchen und ihre Einrichtungen als Körperschaften öffentlichen Rechts Vorzüge in Anspruch nehmen – die Taten der Priester selbst sind zumeist verjährt, Verdeckung der Taten und Versetzung der Täter sind nicht strafbar und Unternehmen wie die kirchlichen Institutionen können nicht vor Gericht gestellt werden. Wenigstens können und müssen wir dann doch diese Verbrechen aufklären sowie ihre Ursachen und Verantwortlichen benennen! Betroffene brauchen diese Aufklärung, um die Wirkung anderer auf ihre Biografien endlich verstehen zu können – erst damit kann eine Befriedung beginnen.


Genau, die Aufklärung, und das ist Sinn und Zweck von Gutachten wie das in Köln zu erwartende. Dass manche Täter längst verstorben sind ist allen klar, aber dass ihre Namen nicht mehr glorifiziert werden, dass sie als Täter oder Vertuscher genannt werden, das ist es, was den Betroffenen hilft, denn dann würde endlich auch ihnen geglaubt, die lange genug zu hören bekamen, dass man sich doch nur wichtig machen will oder sich das alles nur ausdenke.


Eine Großinstitution mit moralischem Anspruch und eigenem Rechtscharakter in unserer Gesellschaft hat systematisch Kindesmissbrauch durch ihr Personal vertuscht und gehofft, irgendwie damit durchzukommen, weil sie in großen Teilen das Wohl der Institution über das Wohl von Kindern und Jugendlichen gestellt hat.


Richtig, und das soll durch Gutachten aufgeklärt werden.


Bis heute hat Kirche nach unserer Beobachtung nicht akzeptiert und verstanden, dass sie als Institution schuldig geworden ist und für die Folgen haften muss. Das wenig opferfreundliche Rechtssystem in Deutschland trägt dazu bei, dass es kein einziges Urteil gibt, in dem einem der tausende Opfer der katholischen Kirche eine angemessene Entschädigung zugesprochen wurde. Da niemand etwas daran ändern will, bliebe nur der Weg zu den internationalen Gerichten. Denn Deutschland hat sich international auf die Wahrung der Menschenrechte und gegen Folter sowie auf die Werte der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet.


Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Vergessen wir aber nicht die Bemühungen, die derzeit im Gange sind. Abgesehen vom Kölner Gutachten, was auch unter Mitwirkung des Betroffenenbeirats erstellt wurde, sind Beiräte in vielen Bistümern gegründet worden oder in der Gründung befindlich. Von diesen aus muss der Druck entstehen, um rechtssichere und aussagekräftige Gutachten erstellen zu lassen. Und sicher ist dies auch der schnellere Weg, um die Aufklärung voranzutreiben. Wenn internationale Gerichte eingeschaltet werden, dann wird eine Menge Zeit bis zur Aufklärung vergehen. Der internationale Gerichtshof in Den Haag ist eine wichtige und wertvolle Institution, aber wenn man sieht, dass Kriegsverbrechen aus dem Kosovo-Krieg in den 1990er Jahren zum Teil erst jetzt behandelt und Urteile gesprochen werden, dann kann man sich vorstellen, dass sehr viele Betroffene die Aufklärung der an ihnen begangenen Verbrechen nicht mehr erleben werden.


Kein Bischof wollte die Konsequenzen aus seiner persönlichen Verantwortung ziehen und zurücktreten.


Das kennen wir aus allen Teilen der Gesellschaft und wird von den Politikern, die eine Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission gründen sollen, vorgelebt. Sie kleben genauso an ihrem Stuhl wie Bischöfe. Sehen wir uns doch nur das desaströse Theater mit der geplatzten PKW-Maut an. Ein Rücktritt des Verkehrsministers ist längst überfällig. Oder wie sieht es aus mit einem Rücktritt der EU-Kommissionspräsidentin, die die Planung der Impfkampagne gegen Covid19 vermurkst hat. Kein Rücktritt in Sicht. Machtbesessenheit ist durchgängig sichtbar.


Ein zaghafter Gesprächsprozess über Entschädigungen wurde begonnen, doch schon nach wenigen Monaten wieder abrupt beendet.

Es reichte für eine Vereinbarung mit dem Beauftragten der Bundesregierung, deren Umsetzung aber bislang nicht erfolgt ist. Bis heute ist keine einzige Kommission an den Start gegangen. In einigen Bistümern wie Münster wurden stattdessen eigene wissenschaftliche Kommissionen in Auftrag gegeben, die bereits mit der Auswertung begonnen haben. In Limburg wurde mit Betroffenen ein erstes Gutachten erarbeitet und vorgestellt. In Köln beauftragte das Erzbistum ein Anwaltsgutachten. Doch nun weigert sich die Bistumsleitung, dieses Gutachten zu veröffentlichen. Und die Betroffenen werden zur Rechtfertigung missbraucht.


Und was ist an der Bildung eigener Kommissionen innerhalb der Bistümer falsch? Was ist an der Zurückhaltung eines nicht rechtssicheren Gutachten nicht in Ordnung? Wenn man sich das ebenfalls von der Kanzlei WSW angefertigte Gutachten für das Erzbistum München-Freising ansieht, dann fragt man sich doch bis heute: „Was steht drin?“ Es ist unter Verschluss. Oder, ebenfalls von WSW angefertigt, das Gutachten für das Bistum Aachen: Kaum Namen, keine Konsequenzen. Warum also nicht auf ein hieb- und stichfestes Gutachten setzen, wie es momentan für das Erzbistum Köln erarbeitet wird? Lassen wir es zu, dass Aufarbeitung auch Zeit kosten und der Weg holprig sein kann. Die Ergebnisse zählen, nicht die Schelte im Vorfeld.


Natürlich sollte der Kölner Kardinal Verantwortung übernehmen für die Instrumentalisierung der Betroffenen und seinen Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs in der Vergangenheit; ebenso wie der jetzige Erzbischof von Hamburg und vormalige Generalvikar von Köln, Stefan Heße. Aber müssten dann nicht eigentlich alle Bischöfe, denen man Ähnliches vorwerfen kann, Konsequenzen ziehen?


Zunächst muss man sich verwahren gegen die Pauschalierung, dass Kardinal Woelki die Betroffenen instrumentalisiert hat. Eine kleine Gruppe aus dem Betroffenenbeirat hat das so empfunden, aber längst nicht alle. Und der größte Teil des noch bestehenden Beirats sieht das völlig anders. Man hat sich für den Weg entscheiden, das Erzbistum auf dem Weg zu einem rechtssicheren Gutachten tatkräftig zu unterstützen, ein hieb- und stichfestes Gutachten erstellen zu lassen und das erste Gutachten nicht zu veröffentlichen. Genau dies hat in der Sondersitzung des Beirats mit dem Kardinal der damalige Sprecher und einer der Mitautoren dieses Artikels, Patrick Bauer, zum Ausdruck gebracht. Und dies solle so auch öffentlich gemacht werden. Und dass man wütend sei auf die Kanzlei WSW, dass sie ein so schlechtes Gutachten abgeliefert hat. Und von einem auf den anderen Tag ändert Herr Bauer seine Meinung um 180 Grad und wettert seitdem was das Zeug hält gegen den Kardinal, das Erzbistum und den Betroffenenbeirat, dessen Sprecher er seit dem 4.11.2020 nicht mehr ist, weil ihm das Vertrauen ob seiner Kehrtwendung entzogen wurde. Am 16.11.2020 ist er dann ganz aus dem Beirat ausgetreten.


Auch das kürzlich in Berlin veröffentlichte Anwaltsgutachten hat die Probleme dieser Art von Darstellung sehr deutlich gemacht. Die für Betroffene relevanten Informationen über Tatorte und Verantwortliche sind durch leere Seiten ersetzt. Potenzielle Opfer können sich darin nicht wiederfinden. Eine Vernetzung ist unmöglich. Angehörige und Freunde können mit diesen Informationen nichts anfangen. Dies alles geschieht unter dem Deckmantel des Schutzes der Betroffenen: "Das ist doch gut für dich" – das sagten auch unsere Täter schon und missbrauchten uns.


Um genau diese Darstellung, wie man sie in dem Berliner Gutachten erlebt, zu vermeiden, wird in Köln ein rechtssicheres Gutachten mit Namensnennungen erarbeitet und am 18.3.2021 veröffentlicht. Die Fehler, die in den bisherigen Gutachten landauf landab zu finden sind, die soll es in Köln nicht geben. – Eine reine Aussage wie „Das ist gut für dich“ ist für sich allein gesehen nichts Schlimmes. Nur wenn man in Verbindung mit dieser Aussage Schreckliches erlebt hat, dann triggert einen diese Aussage. Wenn Patrick Bauer in einem kürzlich veröffentlichten Interview sagt, diese Aussage solle man sein lassen, so kann und darf er das nur auf sich allein und seine persönlichen Erfahrungen beziehen. Wenn jemand über eine Straße geht, ein Auto hupt und man sieht, wie ein schrecklicher Unfall passiert, dann kann man doch auch nicht generell sagen: „Lasst das Hupen sein!“ Jeder Mensch verbindet mit einer Aussage, einem Ereignis, einer Musik oder sonst was eine Erinnerung, an Gutes oder Schlechtes. Wenn Eltern, Lehrer, Erziehungsberechtigte in aller Ehrlichkeit zu den Kindern sagen: „Das ist gut für dich“, dann ist das nichts Verwerfliches. Man sollte also aufpassen, dass man sein eigenes Erleben nicht pauschaliert und anderen Menschen aufs Auge drückt. Das geht schief.


Reihum werden jetzt in den Bistümern Betroffenenbeiräte eingerichtet. Dass Kirche sich beraten lässt, ist vernünftig und folgt den guten Erfahrungen, die die Politik damit gemacht hat, als der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs 2015 einen Betroffenenrat als politisches Beratungsgremium geschaffen hat. Die Kirche hat den Rat von Expertinnen und Experten, und das sind Betroffene, bitter nötig. Betroffene, die in sogenannten Beiräten sich zur Mitwirkung bereit erklärt haben, um so vermeintlich Einfluss auf Entscheidungen in den Bistümern nehmen zu können, wurden jedoch enttäuscht.


Schon wieder falsch. Nur weil man anderer Meinung ist und aus Protest aus dem Betroffenenbeirat ausgetreten ist, kann man nicht pauschal von Enttäuschung der Betroffenen sprechen. Ganz im Gegenteil sind die im Kölner Beirat noch befindlichen Mitglieder hoch motiviert und nehmen die Gelegenheit wahr, sich in die Erarbeitung des neuen Gutachtens einzubringen. Wenn man als ehemaliges Mitglied darin keinen Sinn sieht, dass man hier Entscheidungen wesentlich beeinflussen kann, was versteht man dann unter Mitwirkung und Einfluss? Man muss davon ausgehen, dass die ehemaligen Mitglieder die Chancen, die sich aufgetan haben, überhaupt nicht erkannt haben und jetzt außen vor sind und nur noch ihre destruktive Art pflegen, dem Beirat zu schaden.


In Köln ist ein solcher Beirat an der Bistumsleitung gescheitert. Auch in Münster und Hildesheim verzweifeln Betroffene an der Aufgabe, als Einzelkämpfer in bischöflichen Gremien Interessen von Opfern vertreten zu sollen. Oft machen sie die Erfahrung, dass sie nur das absegnen sollen, was die Kirche bereits vorab entschieden hat.


Im Kölner Beirat wird nichts abgesegnet, sondern offen diskutiert und mitgewirkt an der Aufklärung der Missbrauchsfälle im Erzbistum Köln.


Ohne eine wirkliche Stärkung der Betroffenenselbstorganisation besteht die Gefahr der Instrumentalisierung von strukturell ungleichen, machtlosen Betroffenen durch die Institution. Die Ereignisse in Köln zeigen dies überdeutlich.


Wenn man sich selbst aus egoistischen Motiven heraus aus dem Gremium verabschiedet, ist das kein Zeugnis dafür, dass der Betroffenenbeirat instrumentalisiert wird bzw. machtlos ist. Hier wird wieder mal persönliches Empfinden auf den gesamten Beirat übertragen, was überhaupt nicht geht und vollkommen daneben liegt.


Manchmal ist es zum Verzweifeln. Von Betroffenen wird diplomatisches Geschick und Einfühlungsvermögen in die Nöte der Institution erwartet, welche umgekehrt aber nicht erbracht wird.


Herr Haucke und Herr Bauer haben es in Köln schon nicht begriffen, jetzt bringen sie Ihre Begriffsstutzigkeit in diesem Artikel zum Ausdruck. Diplomatisches Geschick und Einfühlungsvermögen sind eine wichtige Basis für jedes Zusammenarbeiten, ob im Beruf oder in einem Gremium, das mit einer Institution zusammenarbeitet. Ohne das geht es eigentlich nicht. Man kann, und das hat sich sowohl auf dem politischen Parkett wie in Unternehmen immer wieder gezeigt, mit Diplomatie und Verständnis für die Nöte des anderen viel mehr erreichen als mit Sturheit und Ich-Bezogenheit. Aber das sind die Merkmale, die die beiden Herren seit ihrem Austritt an den Tag legen. Kein Wort des Verständnisses für die verbliebenen Beiratsmitglieder, sondern nur wüste Beschimpfungen. Und das nur, weil man nicht ihrer Meinung ist, sondern sich für einen anderen Weg entschieden hat.


Die Institution bringt nicht mal das basale Empathievermögen auf, um die Betroffenen zu fragen, was sie brauchen, sondern lässt sie wieder und wieder Forderungen öffentlich formulieren.


Das basale Empathievermögen geht bei den Herren Bauer und Haucke gegen Null. Es kümmert sie nicht, wie es den Mitgliedern des Betroffenenbeirats geht, wenn sie mal wieder ihre Negativäußerungen loslassen.


Auch die Bitte an Politik um Hilfe und Unterstützung ist bislang nicht erfolgreich. Es entsteht der Eindruck, man wünscht in einer neutralen Rolle zu bleiben, weil Kirche und Staat in vielen Feldern Partner sind. Die Trennung von Kirche und Staat wird dabei zum gefühlt vorgeschobenen Argument.

Es gibt inzwischen Betroffene, die sich fragen: Schont die Politik etwa die Kirchen, weil man genau um die gemeinsamen Leichen im Keller weiß, etwa beim dunklen Kapitel der Heimerziehung?

Es ist viel erreicht worden in den letzten zehn Jahren: Sichtbarkeit und Sprachfähigkeit haben zugenommen. Das ist vor allem ein Verdienst von Betroffenen, die in ihrer Kindheit und Jugend Opfer sexualisierter Gewalt, von Missbrauch waren. Zahlreiche Anstrengungen vor Ort für verbesserte Prävention sind gemacht worden. Doch das Machtungleichgewicht zwischen Opfern und Täterorganisation besteht weiter.


Und genau darum, nämlich die Augenhöhe zwischen Opfern und Täterorganisation, geht es dem Betroffenenbeirat. Wenn sich Herr Haucke und Herr Bauer also dem verpflichtet fühlen, dann stellt sich doch die Frage, warum sie aus dem Beirat ausgetreten sind und warum sie den noch bestehenden Beirat beschädigen wollen? Man kann es sich denken: Nur ihre Sicht zählt, andere Meinungen sind unerwünscht.


Die Betroffenen brauchen Unterstützung, damit ihr Ringen um Ausgleich und Gerechtigkeit nicht am Ende vergeblich bleibt. Deshalb appellieren wir an die Öffentlichkeit, uns ab Freitag auf der Online-Petitionsplattform WeAct zu unterstützen.




Stellungnahme der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs zum Aufarbeitungsprozess im Erzbistum Köln


Rote Texte = Kommentare


Die Vorgänge im Erzbistum Köln rund um die verschiedenen Gutachten zum innerkirchlichen Umgang mit vergangenen Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs zeigen mit aller Deutlichkeit, wie wichtig die Unabhängigkeit von Aufarbeitung und eine konsequente Betroffenenbeteiligung sind.


Berlin, 15.02.2021 Jahrzehntelang wurden Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der katholischen Kirche vertuscht und von Verantwortlichen der Kirche eine Auseinandersetzung mit den Verbrechen in der eigenen Institution verweigert. Seit vielen Monaten beobachtet die Öffentlichkeit einen Vorgang im Erzbistum Köln, der für Betroffene, aber auch für diejenigen in der katholischen Kirche, die sich für Aufarbeitung einsetzen, eine hohe Belastung und Enttäuschung darstellen muss. Inzwischen liegt eine Situation vor, die deutlich vor Augen führt: Aufarbeitungsprozesse, die für Aufklärung über Taten, Täter und Strukturen sorgen und einen Beitrag zu Gerechtigkeit sowie Anerkennung von Unrecht und Leid leisten sollen, müssen unabhängig gestaltet sein.

Der beobachtete Vorgang bezieht sich allein auf Aussagen Weniger, und zwar genau der Leute, die ehemals Mitglieder des Betroffenenbeirates waren, unter Ihnen auch der ehemalige Sprecher Patrick Bauer, der in der Sondersitzung gemeinsam mit allen anderen anwesenden Mitgliedern des Betroffenenbeirates sich dafür aussprach, das Gutachten von WSW nicht zu veröffentlichen und durch die Kanzlei Gercke ein neues Gutachten erstellen zu lassen. Man hielt sogar eine Veröffentlichung des Münchener Gutachtens für einen Verrat an den Betroffenen, deshalb wolle man lieber auf das zweite Gutachten warten, damit alles hieb- und stichfest sei. Es solle auch in der Öffentlichkeit so kommuniziert werden, dass der BB EBK die Entscheidung des Bistums mittrage. Patrick Bauer drückte aus, dass ihm auch wichtig sei, der Wut des BB EBK auf die Kanzlei WSW öffentlich Ausdruck zu verleihen. Er war es auch, der am nächsten Tag die gemeinsame Presseerklärung des Erzbistums mit dem Betroffenenbeirat abgesegnet hat. Sich anschließend mit der entgegengesetzten Meinung öffentlich zu empören, im Gleichklang mit denjenigen, die an der Sitzung überhaupt nicht teilgenommen haben, ist von den Medien gierig aufgenommen worden, da es Schlagzeilen generiert und weil diejenigen, die ohnehin auf den Kardinal nicht gut zu sprechen sind, sich diese Gelegenheit zur übermäßigen Kritik natürlich nicht entgehen ließen.

Der im Erzbistum Köln begonnene Aufarbeitungsprozess ist mittlerweile schwer beschädigt. Damit stellt er ein negatives Beispiel dar für alle Verantwortlichen in den Kirchen, aber auch für andere Organisationen, in denen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen geboten ist. Von außen betrachtet ist der Eindruck von Vertuschung beim Vorgehen im Erzbistum Köln stärker als das Vertrauen auf einen echten Aufarbeitungswillen. Hier wäre dringend Klärung gegenüber den Betroffenen und der Zivilgesellschaft geboten.

Das fehlende Vertrauen in den Aufklärungswillen ist einzig und allein denen zuzuschreiben, die gezielt die Arbeit an dem neuen Gutachten hintertreiben. Dass die alte Studie nicht veröffentlicht worden ist, hat gute Gründe, die in einem Gutachten von den Professoren Jahn und Streng dargelegt worden sind. Der Betroffenenbeirat wurde darüber ausführlich informiert und hat seine Entscheidung eigenständig und ohne Druck getroffen, und zwar jedes der anwesenden Mitglieder aus sich heraus, nicht auf Nachfrage. Der echte Aufklärungswille wird gerade durch die Erstellung des neuen Gutachtens unterstrichen und herausgestellt, denn das Gutachten von WSW hätte nach der Veröffentlichung zu endlosen Rechtsstreitigkeiten geführt, die den Wert des Gutachtens erheblich geschmälert hätten. Die Gründe für die Nicht-Veröffentlichung wurden, wie oben beschrieben, den Betroffenen dargelegt und immer wieder öffentlich durch das Erzbistum kommuniziert. Leider ist die öffentliche Meinung durch die negativen Aussagen seitens der Medien so beeinflusst, dass niemand zuhört oder es nicht hören will. Damit ist das von der Unabhängigen Kommission geforderte zentrale Element der Mitsprache von Betroffenen gegeben. Die eingeforderte Klärung gegenüber der Zivilgesellschaft ist also erfolgt, aber alle fordern nur lautstark die Veröffentlichung des ersten Gutachtens, nicht bedenkend, welche negativen Konsequenzen das für eine echte Aufarbeitung haben kann.

Das Gutachten der Kanzlei WSW für das Erzbistum Köln nicht zu veröffentlichen, weckt erhebliche Zweifel an dem Willen einer ehrlichen Aufarbeitung. Besonders schwer wiegt, dass sich einige Mitglieder des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln instrumentalisiert fühlen. Sie hatten sich bereit erklärt, das Bistum bei der Aufklärung der Verbrechen der Vergangenheit und bei der Verbesserung der Prävention zu unterstützen. Sie haben dem Bistum damit ein Vertrauen entgegengebracht, das nun schwer enttäuscht wurde. Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat 2019 Empfehlungen für Aufarbeitungsprozesse in Institutionen vorgelegt. Zentral sind dabei die Gewährleistung von Unabhängigkeit, Transparenz, Vertragssicherheit sowie die Beteiligung und Mitsprache von Betroffenen. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann ein Aufarbeitungsprozess gelingen. Er kann dazu beitragen, dass Betroffene sexualisierter Gewalt das in ihrer Kindheit und Jugend erfahrene Unrecht besser bewältigen können und die Öffentlichkeit darauf vertrauen kann, dass in unserer Gesellschaft der Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch ernsthaft geführt wird.

Ja, einige Mitglieder haben sich instrumentalisiert gefühlt, aber dieses Gefühl ist individuell. Andere Mitglieder des Beirats fühlen sich keineswegs instrumentalisiert, sondern nutzen gern die Gelegenheit, gemeinsam mit der Kanzlei Gercke an dem neuen Gutachten mitzuarbeiten, etwas Einmaliges, denn dass ein Betroffenenbeirat in die Erstellung eines Gutachtens eingebunden wird, hat es noch nirgendwo gegeben. Insofern sehen diese Beiratsmitglieder sich auch nicht hinsichtlich des Vertrauens, dass sie dem Bistum entgegengebracht haben, enttäuscht, sondern bestätigt. Ob eine unabhängige Kommission die Erstellung des Gutachtens in so direkter Weise hätte bewerkstelligen können, darf bezweifelt werden, denn wenn unmittelbar Betroffene an der Aufarbeitung beteiligt sind, kann das für das Ergebnis nur gut sein. Die Zweifel an dem Willen zur ehrlichen Aufarbeitung sind nicht angemessen.



Erklärung: Das Präsidium der XIV. Diözesanversammlung des Bistums Limburg nimmt Stellung zu den intransparenten Vorgängen im Erzbistum Köln


Rote Texte = Kommentare


Das Präsidium der Diözesanversammlung sieht mit großer Sorge auf die Vorgänge im Erzbistum Köln, den dort auf allen Seiten um sich greifenden Vertrauensverlust und die zunehmende Schwierigkeit der Ausübung des Amtes durch Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki.

Seit der für Spätherbst 2020 geplanten und kurzfristig verschobenen Veröffentlichung des unabhängigen Gutachtens der Münchener Kanzlei „Westphal Spilker Wastl“ zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum Köln kommt unser Metropolitanbistum nicht zur Ruhe. Transparenz, Offenheit und schonungsloser Aufklärungswillen, wie von der Deutschen Bischofskonferenz im Zusammenhang mit der Aufdeckung des dramatischen Ausmaßes sexualisierter Gewalt im Raum der Kirche angekündigt, sind nicht erkennbar. Der Umgang mit dem Kölner Betroffenenbeirat und dessen zu vermutender Instrumentalisierung bei der Verhinderung der Veröffentlichung des Gutachtens beschämen uns.

Die angesprochene Vermutung der Instrumentalisierung des Betroffenenbeirates ist falsch. In der Sondersitzung am 29.10.2020 wurde von mehreren Juristen ausführlich dargelegt, warum die Veröffentlichung des Gutachtens von WSW nicht empfohlen wird. Außergewöhnlich war die einhellige Meinung der Juristen, was normalerweise nicht so ist (10 Juristen mit 20 Meinungen ist man gewohnt). Der Kardinal brachte sein Bedauern über das Scheitern des Gutachtens von WSW zum Ausdruck, insbesondere, dass es der Kanzlei trotz mehrmaligen Ermahnens, die Fehler zu bereinigen, nicht gelungen war, dem nachzukommen. Ohne Drängen und ohne Befragung der Beiratsmitglieder sprachen sich diese dann für eine Nicht-Veröffentlichung des ersten Gutachtens aus und für die Erstellung eines neuen Gutachtens durch die Kanzlei Gercke. Man hielt sogar eine Veröffentlichung des Münchener Gutachtens für einen Verrat an den Betroffenen, deshalb wolle man lieber auf das zweite Gutachten warten, damit alles hieb- und stichfest sei. Es solle auch in der Öffentlichkeit so kommuniziert werden, dass der BB EBK die Entscheidung des Bistums mittrage. Der Sprecher Patrick Bauer drückte aus, dass ihm auch wichtig sei, der Wut des BB EBK auf die Kanzlei WSW öffentlich Ausdruck zu verleihen.

Opfer von sexuellem Missbrauch dürfen sich keinesfalls erneut Vertuschungsversuchen ausgesetzt sehen. Ganz im Gegenteil ist die Stimme der Betroffenen zu hören und mit den Betroffenenbeiräten ein Dialog auf Augenhöhe zu führen. Es muss mit ihnen und nicht über sie gesprochen werden. Ebenfalls kann es nicht angehen, dass erwiesene Täter geschützt, Mitwisser geschont, Vorfälle verharmlost und Kritiker der Bistumsleitung eingeschüchtert werden. Die Verantwortung dafür tragen alle Leitungsverantwortlichen, in erster Linie aber Erzbischof Woelki. Mit jedem weiteren Tag des Zauderns, Zurückhaltens und Nicht-Offenlegens wird seine Haltung fragwürdiger. Kleriker dürfen die ihnen übertragene Leitungsverantwortung nicht auf andere abschieben, auch nicht auf Prüfinstanzen im Vatikan. Es geht darum, im Licht des Evangeliums die Zeichen der Zeit zu erkennen, gewissenhaft zum Wohle der Kirche die Verantwortung zu übernehmen und im Falle von Versagen die nötigen Konsequenzen zu ziehen.

Der Kardinal hat den Dialog mit dem Betroffenenbeirat gesucht und er hat dann auch stattgefunden. Es wurde auf Augenhöhe miteinander gesprochen. Dass erwiesene Täter geschützt, Mitwisser geschont und Vorfälle verharmlost werden ist keinesfalls die Absicht von Kardinal Woelki, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Um zu vermeiden, dass nach Veröffentlichung des WSW-Gutachtens endlose Rechtsstreitigkeiten den Wert der Untersuchung mindern, hat er sich nach Rücksprache mit dem Betroffenenbeirat dazu entschlossen, durch ein neues und gerichtsfestes Gutachten diese Probleme von vornherein auszuschließen. Es nützt niemandem, wenn wie in anderen Gutachten seitenweise geschwärzte Passagen zu finden sind oder sogar Seiten ganz fehlen. Die Kritiker beziehen sich durchweg auf die Äußerungen der ausgetretenen Mitglieder. Genau aus deren Reihen wurde aber die gemeinsame Presseerklärung des Erzbistums mit dem Betroffenenbeirat am Tag nach der Sondersitzung abgesegnet, und zwar durch den damaligen Sprecher Patrick Bauer. Sich anschließend mit der entgegengesetzten Meinung öffentlich zu empören, auch von denen, die an der Sitzung überhaupt nicht teilgenommen haben, ist von den Medien gierig aufgenommen worden, da es Schlagzeilen generiert und weil diejenigen, die ohnehin auf den Kardinal nicht gut zu sprechen sind, sich diese Gelegenheit zur übermäßigen Kritik natürlich nicht entgehen ließen. Es ist sicherlich schade, dass das erste Gutachten in einer so schlechten Qualität gefertigt wurde, so dass ein neues Gutachten beauftragt werden musste, aber dem Erzbischof und den Betroffenen ist es lieber, noch eine kurze Zeit zu warten und dann ein erstklassiges Gutachten präsentieren zu können ohne in Rechtstreitigkeiten zu geraten. Das ist weder Zaudern noch Zurückhaltung oder Nicht-Offenlegung, das ist eine wohl überlegte Entscheidung, die letztlich den Betroffenen dient, da Namen genannt werden und eine Offenlegung der Taten erfolgt. Im letzten Satz des vorhergehenden Absatzes sprechen Sie vom Handeln zum Wohle der Kirche. Aber genau diese Formulierung wollen wir Betroffenen nicht hören, wir wollen ein Handeln zum Wohle der Betroffenen.

Wir sehen den Erzbischof in der Pflicht, die konstruktiven Überlegungen von Diözesanrat und Diözesanpastoralrat als einen Beitrag zur Überwindung der schweren Krise wahrzunehmen und auf die Gesprächsangebote einzugehen. Sexueller Missbrauch kann nur gemeinsam mit allen Verantwortlichen, Haupt- und Ehrenamtlichen, aufgearbeitet werden. Nur gemeinsam kann das Problem sexualisierter Gewalt als strukturelles Problem der katholischen Kirche überwunden werden. Es ist sehr verständlich, dass in einer derart aufgeladenen Situation keine „Pastoralen Zukunftswege“ im Erzbistum Köln beschritten werden können. Wir unterstützen den Diözesanrat und seinen Vorsitzenden Tim-Oliver Kurzbach ausdrücklich in der Entscheidung, hier zunächst eine Pause einzulegen.

Der Ansatz, dass gemeinsam Lösungen gesucht werden sollen, ist grundsätzlich richtig. Was aber nicht geht, ist die Tatsache, dass sich mittlerweile haufenweise Leute und Organisationen zu dem Thema der Aufklärung des Missbrauchs im Erzbistum Köln zu Wort melden, die die Zusammenhänge nur von außen sehen und sich durch die einseitig berichtenden Medien vollständig informiert glauben. Dass der Betroffenenbeirat zusammen mit der Kanzlei Gercke an dem neuen Gutachten arbeitet und so seine Vorstellungen und Ideen einbringen kann wird mit keinem Wort erwähnt. Da wird der Diözesanrat und sein Vorsitzenden Oliver Kurzbach von Ihnen ausdrücklich in seiner Entscheidung unterstützt, aber niemand hat auch nur ansatzweise danach gefragt, wie es dem Betroffenenbeirat damit geht, dass immer nur von Vertuschung, von Nicht-Offenlegung und Nicht-Veröffentlichung die Rede ist, die Arbeit an dem neuen Gutachten aber keine Würdigung erfährt. Hier wird der Betroffenenbeirat immer wieder aufs Neue missbraucht.

Das Erzbistum Köln befindet sich gerade unter dem Brennglas der öffentlichen Wahrnehmung. Es sollte dabei nicht vergessen werden, dass längst noch nicht für alle Diözesen Deutschlands eigene Missbrauchsstudien vorliegen, das Handeln der Verantwortlichen noch nicht ins Licht gerückt wurde. Wir ermutigen den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, nachdrücklich, im Rahmen der Frühjahrsvollversammlung von allen Bischöfen eine umgehende, transparente und auf die Situation der Opfer bezogene Aufklärung zu verlangen.

Die öffentliche Wahrnehmung ist die der berichtenden Medien, die ihre Informationen einzig aus den Aussagen Weniger beziehen, die ausgetreten sind aus dem Betroffenenbeirat, die zu feige sind, sich der Aufgabe zu stellen, gemeinsam eine optimale Lösung zu erarbeiten. Von außen jetzt auf den Erzbischof, das Erzbistum und den Betroffenenbeirat einzuschlagen hat man sich auf die Fahnen geschrieben. Kardinal Woelki war der erste, der sich an eine Missbrauchsstudie herangetraut hat. Und die will er optimal haben. Dass ein paar andere Bistümer mittlerweile eigene Studien vorgelegt haben ist bekannt, der Aussagewert aber doch eher bescheiden. Um aber genau das zu erreichen, was Sie Ihrem Bischof Bätzing mit auf den Weg geben, nämlich von allen Bischöfen eine umgehende, transparente und auf die Situation der Opfer bezogene Aufklärung zu verlangen, das ist doch genau das, was im Erzbistum Köln angestrebt wird. Der Weg ist zwar holprig und es ist nicht alles optimal verlaufen, aber wenn am 18.3.2021 ein überzeugendes Gutachten vorgelegt wird, dann hat sich der Umweg doch gelohnt.

Aus der eigenen Erfahrung der jüngsten Bistumsgeschichte erinnert das Präsidium der Diözesanversammlung Limburg daran, dass bei aller notwendigen Härte in der Sache die christlichen Grundsätze im Umgang miteinander, auch mit Erzbischof Woelki, nicht verloren gehen dürfen.

Richtig, aber im Umgang sowohl der Medien als auch einiger Bischöfe und kirchlicher Organisationen mit Kardinal Woelki sind leider keine christlichen Grundsätze zu erkennen. Es gleicht eher einem Hauen und Stechen und sieht nach einem Wettbewerb aus: Wer es schafft, dass Woelki von seinem Amt als Erzbischof von Köln zurücktritt, der gewinnt den ersten Preis. Das ist, gelinde gesagt, unterste Schublade.


Die Diözesanversammlung des Bistums Limburg ist die gewählte Vertretung der Katholikinnen und Katholiken im Bistum. Limburg, 13. Februar 2021


Sind die Medienvorwürfe gegen Kardinal Woilki wahr?


4.Februar.2021, WDR Lokalzeit Köln.  Alle roten Texte sind unsere Kommentare


Zum Thema Missbrauchsgutachten im Erzbistum Köln wurde u.a. gesagt:


Bischof Bätzing: „Die mit der Entscheidung verbundene Krise, die entstanden ist, weil das Gutachten nicht jetzt öffentlich ist, die ist nach meiner Ansicht nicht gut gemanagt worden und gerade heute hat sich der Erzbischof auch dazu geäußert und Fehler eingestanden.“


Die angesprochene Krise ist nicht allein durch das Verhalten des Erzbischofs entstanden, sondern in erster Linie durch die permanenten Angriffe auf den Erzbischof und die ständige Forderung nach der sofortigen Veröffentlichung des Gutachtens aus München, befeuert durch die lautstarken Äußerungen der ehemaligen Mitglieder des Betroffenenbeirats, obwohl niemand weiß, was drin steht und ob das neue Gutachten, was am 18. März 2021 veröffentlicht werden soll, nicht viel besser ist und tatsächlich die Erwartungen erfüllt, die daran geknüpft sind.


Im weiteren Verlauf wurde Kardinal Woelki zitiert: „Wir haben Fehler gemacht, wir haben Vertrauen verspielt, ich verstehe die Ungeduld.“ (Quelle: Kölnische Rundschau) Zu den Vorwürfen, selbst vertuscht zu haben, sagt Woelki: „Ich habe mein Gewissen geprüft und ich bin persönlich der Überzeugung, dass ich mich korrekt verhalten habe.“ (Quelle: Kölnische Rundschau)


Mit diesen Äußerungen hat Woelki Fehler eingestanden, ein erster Schritt. Die Klärung der Frage nach der eigenen Schuld lässt er offen, weil er sich dem Urteil des neuen Gutachtens stellt. Gut so!


Im weiteren Verlauf der Sendung sagte der Moderator: „Patrick Bauer ist Missbrauchsopfer, früherer Sprecher des Kölner Betroffenenbeirats und jetzt im Betroffenenbeirat des Deutschen Bischofskonferenz. Er kritisiert Kardinal Woelkis Äußerung, die Betroffenen hätten für die Zurückhaltung des ersten Missbrauchsgutachtens mit eingestanden.“


Patrick Bauer: „Das stimmt so einfach nicht. Wir wurden dazu gedrängt dem zuzustimmen und das ist eine Verdrehung der Tatsachen. So empfinde ich es. Das Beste ist ja der Spruch des Erzbischofs, das Alles geschieht zum Wohle der Betroffenen. Ich habe dem Erzbischof schon mal ins Gesicht gesagt, er solle so etwas nicht sagen. Das Wohl des Betroffenen, das ist exakt das, was unsere Täter immer wieder zu uns gesagt haben, das ist nur zu deinem Wohl, das ist nur zu deinem Besten. Und er benutzt diese Worte immer wieder. Er soll es sein lassen.“


Die Aussage des Moderators ist richtig und belegt durch das Sitzungsprotokoll vom 29.10.2020. Die Verdrehung der Tatsachen geschieht durch Herrn Bauer, der hier zum wiederholten Male behauptet, dass der Betroffenenbeirat zur Zustimmung gedrängt wurde. Das entspricht nicht den Tatsachen. Keiner der anwesenden Betroffenen musste dem Ansinnen des Kardinals zustimmen, jeder hatte die Möglichkeit nein zu sagen. Sogar am nächsten Tag, als der Entwurf der Presseerklärung an Herrn Bauer als Sprecher des Betroffenenbeirats ging, hätte er diese Erklärung stoppen können, hat er aber nicht. Sich dann im Nachgang so zu äußern, dass der Beirat gedrängt wurde und er eigentlich anderer Meinung ist, verdreht die Tatsachen komplett. Und durch die Missachtung seiner Aufgabe als Sprecher, nämlich die getroffene Entscheidung zu kommunizieren und als gemeinsame Entscheidung zu vertreten, hatte er das Vertrauen der anderen Beiratsmitglieder verloren und ist deshalb als Sprecher zurückgetreten. Dass ein rechtssicheres Gutachten zum Wohl der Betroffenen verfasst wird, davon sind viele Betroffene überzeugt und warten den 18. März 2021 ab, denn ihnen ist ein nicht angreifbares Gutachten lieber als eines, was durch juristisches Gezänk seinen Wert verliert. Die Aussage „zum Wohl der Betroffenen“ zu diffamieren ist völlig daneben, weil nur im Kopf des Herrn Bauer dadurch eine Erinnerung wachgerufen wird, die für ihn persönlich schlimm ist.


Dass Worte eine Retraumatisierung auslösen können ist bekannt, gleichwohl auch Dinge, Szenen, Handlungen. Das ist aber immer nur ein persönlicher Aspekt, trifft aber nicht generell zu und kann deshalb auch nicht angekreidet werden. Wenn etwas zum Wohl eines Menschen gemacht wird, dann ist das ja grundsätzlich etwas Gutes und nicht verwerflich. Das wird es erst, wenn man die Worte in seinem eigenen Sinn mit Erinnerungen verknüpft. Nur wenn ich von vornherein voreingenommen bin, dann lege ich jedes Wort auf die Goldwaage und interpretiere das Gesagte aus meiner subjektiven Sicht heraus. Das ist dann keine Verdrehung der Tatsachen, aber eine Verdrehung des Gesagten, weil die Aussage tatsächlich das Wohl des Anderen im Blick hat und nicht das eigene.


Herr Bauer hat jede Objektivität verloren. Er sieht nur sich und seine Meinung, lässt an denen, die anderer Meinung sind kein gutes Haar. Er hinterfragt nicht, ob der Andere nicht doch Recht haben könnte, ob er nicht guten Willens ist, ob er nicht tatsächlich das Wohl anderer Menschen im Blick hat. Herr Bauer legt alles in seinem Sinn aus und macht alles schlecht, was seiner Auffassung entgegensteht. Er interpretiert alles so, dass es in sein Weltbild passt, und was nicht passt, wird passend gemacht.


Wochenimpuls: Wort des Bischofs:  Warten fällt schwer (07.02.2021)


Die Aufklärung von Fällen sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln sorgt seit Monaten für Schlagzeilen. Heute stellt sich Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki den Vorwürfen und bittet um Geduld.


In den letzten Wochen ist mir immer wieder die Frage begegnet, warum ich die Untersuchung, die ich 2018 zum Umgang mit Meldungen sexualisierter Gewalt in unserem Kölner Erzbistum in Auftrag gegeben habe, nicht einfach veröffentliche. Warum auf eine zweite Untersuchung warten, wo es doch bereits eine erste gibt? Glauben sie mir, mir allen voran fällt das Warten darauf schwer. Der Weg zu der von mir zugesagten Aufklärung war und ist ein schwerer. Ich habe mich zu lange auf Gutachter verlassen, die Zusagen gemacht haben, die nicht eingehalten wurden. Ich verstehe, dass es bei unserer Aufarbeitung um mehr geht als um juristische Standpunkte. Es ist uns aber nicht möglich, in klarer Kenntnis von Rechtsverletzung das erste in Auftrag gegebene Gutachten zu veröffentlichen. Ich kenne diese erste Untersuchung weiterhin nicht, aber ich vertraue bis heute dem Urteil der Experten, die sagten, dass unser Ziel einer transparenten und einer möglichst umfassenden Aufklärung und Aufarbeitung mit der ersten Untersuchung nicht zu erreichen sei und es eine neue Untersuchung braucht. Ich verstehe, dass das kritisiert wird, aber es ist nach meiner Meinung der richtige Weg. Ich bin mir bewusst, dass sie daran Zweifel haben mögen, aber für sie mag es so aussehen, als müssten sie in dieser Hinsicht allein auf mein Urteil und auf meine Entscheidung vertrauen, und dieses Vertrauen ist besonders getrübt, da ich im Fall eines befreundeten Priesters selbst vertuscht zu haben scheine. Ich kann ihnen versichern, aus meiner Sicht ist das nicht der Fall. Ich kann ihr Misstrauen aber verstehen, auch wenn ich es gerne hätte, dass sie mich für eine vertrauenswürdige Person halten. Angesichts der vielen Verbrechen von Amtsträgern an Kindern ist es nur verständlich. In meinem Fall und im Fall der Untersuchung sind wir in der Lage, dass sie gar nicht auf Vertrauen in mich angewiesen sind. Wir brauchen tatsächlich eben nur warten, etwas mehr als 5 Wochen, bis zum 18. März. Dann wird die zweite Untersuchung vorgestellt und danach bekommen auch alle Interessierten Einblick in die erste Untersuchung, dann werden alle Fakten auf dem Tisch liegen. Jeder kann sich ein Urteil bilden. Lassen sie sich von Fakten überzeugen und bilden sie sich dann ihr Urteil. Vor allem, ich, ich werde bei meinem Versprechen, das ich den Betroffenen selbst gegeben habe, bleiben, ein veröffentlichungsfähiges Werk vorzulegen, in dem strukturelles, institutionelles und auch persönliches Versagen, also auch Namen, benannt werden, ohne Wenn und Aber. Nur noch gut 5 Wochen trennen uns davon. Ich wünsche mir, dass wir es alle bis dahin aushalten können.


Ihr Rainer Woelki, Erzbischof von Köln


Dem Betroffenenbeirat erreichte untenstehende Mail von Karl Haucke.

Alle roten Texte sind unsere Kommentare.


Betreff: Schamlos


Von: Karl Haucke haucke@n  (ehemaliger Sprecher und Mitglied des Betroffenen Beirat Erzbistum Köln) 

An : (Namen der Mitglieder des Betroffenen Beirates Erzbistum Köln sind bekannt)                                                                                            Gesendet: Sa 06.02.2021 09:26

                                                                                                                                                                             

https://www.deutschlandfunk.de/der-tag-ich-glaube-kardinal-woelki-nicht-mehr.3415.de.html?dram:article_id=492084



Hallo,

hier die Richtigstellung zur jüngsten Attake des Kardinals auf die Missbrauchsbetroffenen (GA 4.1.21). Merkt Ihr in Eurer Kardinalsbesoffenheit eigentlich gar nichts mehr? Wann wollt Ihr Anwärter für Woelkis Palastwache endlich wach werden und für die Hunderte Opfer im Erzbistum öffentlich eintreten?

Ein Betroffener


Zu dieser Mail kann man nur sagen, dass sie reichlich unverschämt ist. Wir sind weder kardinalsbesoffen noch Anwärter für Woelkis Palastwache, wir sind im Beirat, weil wir uns für die Belange der Betroffenen einsetzen. Wir wollen, dass am 18. März ein rechtssicheres Gutachten veröffentlicht wird, was seinen Namen auch verdient und nicht in Rechtsstreitereien zerrieben wird. Ganz im Gegensatz zu Herrn Haucke, dessen Bemühen einzig und allein darauf abzielt, dem Erstellen des neuen Gutachtens zu schaden und es womöglich zu verhindern. Die wahren Vertreter der Betroffenen sind also wir, und nicht Herr Haucke, er ist nur ein Schaumschläger.

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Unter dem Link war dann das Interview des Deutschlandfunks zu hören, was nachstehend im Wortlaut aufgeschrieben ist.


2021.02.05 Deutsche Welle – Interview mit Karl Haucke


Moderator: Sie waren Mitglied und Sprecher des Betroffenenrates im Erzbistum Köln, sie sind aber Ende des Jahres kurz nach dem Eklat über diese Nicht-Veröffentlichung des ersten Münchener Gutachtens aus diesem Gremium ausgetreten. Sie und 4 andere sagen, sie seien damals getäuscht worden. Inwiefern?


Haucke: Nun ja, die, die Täuschung und der Überbegriff, Übergriff begannen ja schon, ähm, im Vorfeld in einer Zeit, in der die Bundesregierung wegen des Corona-Schutzes laut über Kontaktbeschränkungen nachdachte, sollten wir Beiratsmitglieder da zu einer Sondersitzung kommen, obwohl für wenige Tage später eine reguläre Sitzung mit hoffentlich ausreichenden Schutzmaßnahmen vorbereitet war.


Kontaktbeschränkungen gab es zwar, aber Sitzungen mit einem entsprechenden Hygienekonzept waren nach wie vor erlaubt. Und die Sitzung fand in einem überdimensionalen Raum statt, in dem weitaus mehr als der empfohlene Mindestabstand ohne weiteres eingehalten werden konnte. Auch eine ausreichende Belüftung gab es. Diese Schutzmaßnahmen wurden auch bei der regulären Sitzung 5 Tage später eingehalten.


Diese Dringlichkeit war vorgetäuscht, denn wie wir heute wissen, hat sich das Erzbistum 7 Monate Zeit gelassen, zusammen mit mehreren Anwaltskanzleien eine, ja eine Strategie auszudenken, wie man eine unpopuläre Entscheidung, nämlich die Unterdrückung des Gutachtens aus München, aufwerten kann. Dazu sollte dann die Expertise des Betroffenenbeirates herhalten.


Falsche Aussage! Das erste Gutachten wurde zwar rechtzeitig fertig, musste aber wegen äußerungsrechtlicher Mängel zurückgehalten werden. Seitens des Erzbistums wurde die verantwortliche Kanzlei Westphal/Spilker/Wastl aus München aufgefordert, das Gutachten entsprechend nachzubessern, um unweigerlichen Rechtsstreitigkeiten nach der Veröffentlichung aus dem Weg zu gehen. Trotz mehrfacher Aufforderung ist die Kanzlei dem nicht nachgekommen. Ein so mangelhaftes Gutachten zurückzuhalten war und ist verständlich und bedurfte keiner Expertise des Betroffenenbeirates.


Ich habe, vielleicht ist es noch wichtig dazu zu sagen, ich hab‘ wegen der Coronagefahr nicht an der Sondersitzung teilgenommen, gleichwohl muss, wusste ich natürlich am nächsten Tag was geschehen war. Ich nenne das heute eine Geiselnahme.

Ich weiß nicht, was Herr Haucke unter einer Geiselnahme versteht, aber die Sondersitzung war bestimmt keine. Jeder der teilnehmenden Beiratsmitglieder hat freiwillig teilgenommen. Kurios ist in diesem Fall, dass Herr Haucke an der Tagesordnung der Sitzung bereits Wochen vorher zusammen mit der Interventionsstelle des Erzbistums mitgearbeitet hat, er also im Vorfeld wusste, was in der Sitzung thematisch anstand. Seine Nicht-Teilnahme resultierte aus einer Empfehlung des ersten Sprechers des Beirats, Patrick Bauer. Herr Haucke selbst wollte wohl eher zur Sitzung kommen.


Einer Gruppe nicht zu der Sitzung angemeldeter Anwälte wurde nach kurzer Rückfrage bei den Beiratsmitgliedern Zutritt zum Sitzungsraum verschafft, die Beiratsmitglieder wurden mit juristischen Details überschüttet und über einen Untersuchungsbericht, den sie nicht kannten, und schließlich wurden sie in einer, ja, tatsächlich rituellen inszenierten Befragungsrunde um ihre Zustimmung gebeten, ähm, die Studie nicht zu veröffentlichen und um eine gemeinsame Presseerklärung von Bistumsleitung und Beirat, ähm, gebeten.

Herr Haucke hat eben noch betont, dass es wichtig sei zu sagen, dass er nicht an der Sitzung teilgenommen hat. Wie kann er dann den Ablauf der Sitzung so beschreiben? Es entspricht nämlich nicht den Tatsachen, dass der Verlauf so war wie von ihm beschrieben. Gleich zu Beginn der Sitzung waren die Herren Professoren Dr. Streng und Dr. Jahn anwesend, die ein Gutachten zu der Untersuchung aus München angefertigt hatten und zu dem Schluss gekommen waren, dass von einer Veröffentlichung abzuraten sei aus äußerungsrechtlichen Gründen. Die Juristen der Kanzlei Gercke kamen erst dazu, nachdem den Betroffenen gesagt wurde, dass die Vertreter der Kanzlei uns einen Ausblick auf das neue Gutachten geben und die Verbesserungen im neuen Gutachten erklären können. Ohne Druck wurden die Beiratsmitglieder gefragt, ob sie zustimmen, dass die 3 Kanzleivertreter in die Sitzung kommen. Von allen Beiratsmitgliedern wurde dem persönlich zugestimmt.


Moderator: Ja, jetzt räumt Kardinal Woelki aber durchaus Fehler ein, gerade eben im Umgang mit den Betroffenen, sagt er im Interview mit der Kölnischen Rundschau, die Entscheidung, das Gutachten nicht zu veröffentlichen, von vornherein hätte das Erzbistum alleine fällen müssen, das Angebot des Betroffenenbeirates, mit dafür einzustehen, das hätte man ablehnen sollen. Ist das ein Eingeständnis von ihm, dass das falsch war? Sehen sie das so?


Haucke: Ich ich weiß nicht, ob, ähm, Herr Woelki überhaupt zu einem Fehlereingeständnis in der Lage ist. Er spricht hier von einem Angebot von Betroffenenvertretern, für seine Entscheidung zur Unterschlagung mit einzustehen. Und hier übernimmt er wieder die Deutungshoheit für eine Situation, die völlig anders abgelaufen ist. Nicht die Betroffenen haben dieses Angebot gemacht, sondern die Erlaubnis wurde ihnen in dem beschriebenen, ähm, ähm, heidnisch anmutenden Ritual abgerungen. Al, also an dieser Verdrehung der Tatsachen können wir auch erkennen, dass es ihm nicht etwa um den Schutz der Betroffenen geht.

Und wieder beschreibt Herr Haucke hier einen Ablauf wie er nicht gewesen ist, denn nachdem von den Juristen die Unzulänglichkeiten des ersten Gutachtens ausführlich beschrieben worden waren und auch die Zusammenarbeit der Juristen mit dem Beirat erörtert worden war, boten die Vertreter des Erzbistums an, den Raum zu verlassen, damit sich der Beirat unter sich beraten kann. Dies wurde als nicht nötig empfunden. Ohne Drängen und ohne Befragung der Beiratsmitglieder sprachen sich diese dann für eine Nicht-Veröffentlichung des ersten Gutachtens aus und für die Erstellung eines neuen Gutachtens durch die Kanzlei Gercke. Man hielt sogar eine Veröffentlichung des Münchener Gutachtens für einen Verrat an den Betroffenen, deshalb wolle man lieber auf das zweite Gutachten warten, damit alles hieb- und stichfest sei. Es solle auch in der Öffentlichkeit so kommuniziert werden, dass der BB EBK die Entscheidung des Bistums mittrage. Herr Bauer drückte aus, dass ihm auch wichtig sei, der Wut des BB EBK auf die Kanzlei WSW öffentlich Ausdruck zu verleihen.


Moderator: Das heißt, aus ihrer Sicht war es so, 7 Monate lang wusste die andere Seite schon Bescheid, was sie machen möchte und im letzten Moment hat man dann sozusagen den Betroffenenbeirat überrumpelt, um im Prinzip sich den Segen einzuholen von der Seite, um die es ja eigentlich gehen soll, nämlich die Betroffenen.


Haucke: Ja, also man hat auf jeden Fall 7 Monate, ähm, ähm, Zeit sich genommen, um diese Entscheidung zu fällen und 6 Wochen vor der, ähm, vor dieser Sondersitzung, ähm, hat die neue Kanzlei ja, also Gercke, ja schon die Unterlagen alle gehabt. Also für das Bistum war das 6 Wochen vor dieser Sondersitzung klar, ähm, wir werden das Münchener Gutachten, ähm, nicht weitergeben.

Das Erzbistum hat sich nicht 7 Monate Zeit genommen, um sich für die Nicht-Veröffentlichung zu entscheiden. Vielmehr hat man in dieser Zeit mehrfach der Münchener Kanzlei Gelegenheit gegeben, das Gutachten rechtssicher zu gestalten. Dem ist die Kanzlei aber nicht nachgekommen. Deshalb hat man sich entschlossen, nach einem Ausweg zu suchen. Durch das Gutachten der Herren Jahn und Streng waren die Unzulänglichkeiten des Münchener Gutachtens ersichtlich geworden. Daraufhin hat das Erzbistum die Kanzlei Gercke mit der Erstellung eines neuen Gutachtens beauftragt. Dass dieser Kanzlei schon 6 Wochen vor der Sondersitzung das alte Gutachten vorlag, ist absolut nachvollziehbar. Wie hätten sie ohne Kenntnis des ersten Gutachtens darüber befinden und den Weg für ein besseres rechtssicheres Gutachten beschreiben können? Ohne Kenntnis der Fakten wäre das nicht möglich gewesen. Die geplante Nicht-Veröffentlichung von langer Hand ist eine böswillige Unterstellung.


Moderator: Ja, jetzt verspricht Woelki ja weiterhin Aufklärung, sie haben die Kanzlei, die neue Kanzlei, schon angesprochen, eine Kölner Kanzlei, die soll ihr neues Gutachten jetzt am 18. März

veröffentlichen, gleichzeitig würde man Betroffenen und Journalisten, so Woelki, Einsicht in das alte Münchener Gutachten gewähren. Ist dem nicht zu trauen?


Haucke: Na ja, im Frühjahr nach dem ersten Stopp der Publikation, also damals hieß es aus äußerungsrechtlichen Gründen, hab‘ ich mich in der Öffentlichkeit noch laut aus dem Fenster gelehnt, ich vertraue dem Kardinal. Dieses mein Vertrauen hat der Mann verspielt. Ich glaub‘ ihm nicht mehr und viele andere auch nicht. Nur deshalb musste er sich, muss er sich ja seinerseits heute aus dem Fenster lehnen mit manipulativen Formulierungen wie zum Beispiel in dieser weltweit berüchtigten Weihnachtspredigt.

Die Worte des Kardinals zu Weihnachten waren gut gemeint und wohl gewählt. Aber es ist wie so oft halt so, dass man immer in eine Rede etwas hineininterpretieren kann, was nicht der Absicht des Redners entspricht. Wie im Verlauf dieses Interviews immer wieder deutlich wird, nimmt es Herr Haucke mit der Wahrheit überhaupt nicht genau, er deutet alles so, wie es ihm passt bzw. wie er es „gehört“ hat, und das nimmt er dann als seine Wahrheit, weil es ihm eben genau so genehm ist.


Moderator: Was hat er da noch gleich gesagt? Er entschuldigt sich nicht für sein Verhalten, sondern für die Berichterstattung dadrüber oder so ähnlich?


Haucke: Ähm, ähm, ähm, ja, über die Kritik, die an ihm geübt wird über das was er getan hat.


Moderator: So war das.


Haucke: Er sagt dem Christenvolk, also es tut mir leid, dass ich kritisiert werde und dass ihr das mit aushalten müsst.


Der Kardinal hat sich zu einer Entschuldigung durchgerungen. Wie wäre es denn mal mit einer Entschuldigung von Herrn Haucke gegenüber den verbliebenen Mitgliedern des Betroffenenbeirats, denn die müssen seit seinem Ausscheiden aus dem Beirat von Herrn Haucke gesagte und geschriebene unflätige und beleidigende Äußerungen über sich ergehen lassen.


Moderator: Werden sie sich das Münchener Gutachten noch anschauen?


Haucke: Auf jeden Fall. Also so wie ich mir die, die, ja, hohen vollen 440 leeren Seiten aus dem Berliner Bistum angesehen hab‘, ähm, werde ich mir auch in Köln, ähm, alles ansehen. Leider bin ich da natürlich von den diesbezüglichen nicht, ähm, besonders zuverlässigen Bistumsleitung hier in Köln abhängig.

Die nicht kooperative Bistumsleitung hat gerade Herrn Haucke auf dem Zettel für die Einsichtnahme in das erste Gutachten. Und wieder nutzt Herr Haucke die Gelegenheit, beleidigend zu sein.


Moderator: Ja


Haucke: Also ich muss sagen, mir geht es auch überhaupt nicht, dass irgendjemand in den Knast geht. Natürlich sollen die Menschen Verantwortung übernehmen, die da, ähm, irgendetwas, ähm, getan oder unterlassen haben, aber es ist doch so, mein Täter, ein geweihter Priester und Ordensmann, der ist gestorben. So geht es vielen Opfern dieser Verbrecher. Wir wollen, dass die Täter hinter den Tätern benannt werden, die Verantwortlichen, die versetzt haben, die Freunde gedeckt haben, die auf andere Art und Weise vertuscht haben. Wir brauchen endlich die Chance zur biografischen Einordnung dessen, was geschehen ist. Wir wollen die Hintergründe verstehen, ähm, was hat den Tätern ihr Handeln ermöglicht und erleichtert.

Und genau das wird durch das neue Gutachten ermöglicht. Es ist das, was alle Betroffenen wollen, was uns sogar mit Herrn Haucke verbindet. Aber ihm fehlt einfach das Vertrauen, dass ein noch besseres und vor allem rechtssicheres Gutachten am 18. März vorgestellt wird. Er und die von ihm angefeuerten Medien und andere Meinungsmacher wollen hier und jetzt sofort das alte Gutachten sehen, selbst auf die Gefahr hin, dass das ein gewaltiger Fehlschuss sein kann. Warum sind denn die paar Wochen bis zum 18. März das Warten nicht wert? Warten wir es doch ab. Denn dann kann sich jeder sein eigenes Bild machen, weil dann sowohl das neue Gutachten vorliegt und auch die Einsichtnahme in das erste Gutachten möglich sein wird.


Moderator: Glauben sie denn, das ist noch realistisch? Glauben Sie, dass das jemals passieren wird?


Haucke: Na ja, schwere Frage. Nachdem, ähm, ähm, Herr Woelki als geweihter Mann mein Vertrauen genau so gebrochen hat wie meine Täter vor 50 Jahren, gibt es eigentlich keinen Anlass, ihm eine dritte Chance einzuräumen, denn die zweite Chance hab‘ ich ihm und der Kirche gegeben, als ich die Arbeit im Betroffenenbeirat aufnahm. Das hab‘ ich ihm damals auch übrigens auch gesagt, zweite Chance für für Kirche.


Ich will nicht anzweifeln, dass Herr Haucke Schlimmes erlebt hat. Aber es erstaunt mich, dass er auf einmal von mehreren Tätern spricht. Bisher hat er immer nur von einem Täter gesprochen. Was ist die Wahrheit? Was den Vertrauensbruch anbelangt, so ist der von ihm in Zusammenarbeit mit dem ehemaligen ersten Sprecher des Betroffenenbeirats, Patrick Bauer, begangene Vertrauensbruch so stark gewesen, als man nach der Sondersitzung die einstimmig gefasste Meinung des Beirats einfach nicht beachtet hat und öffentlich die gegenteilige Meinung herausposaunt hat, dass die Mitglieder des Beirats in der 5 Tage später stattfindenden Sitzung dem Sprecher Patrick Bauer das Vertrauen entzogen haben, worauf dieser sein Amt niedergelegt hat, was Herr Haucke schon vorher gemacht hatte. Als beiden, Herrn Bauer und Herrn Haucke, dann noch klar wurde, dass der Beirat nicht mehr ihr eigener Beirat war, den sie unter ihrer Fuchtel wähnten, haben sie auch ihren Austritt aus dem Beirat erklärt. Und seitdem versuchen sie mit allen Mitteln den Beirat schlecht zu machen und die Arbeit des Erzbistums, des Kardinals und des Betroffenenbeirats zu torpedieren.


Moderator: Vielleicht liegt es ja auch daran, dass dem Kardinal selbst ja auch Vertuschung vorgeworfen wird, weil er einen Missbrauchsfall durch einen ihm offenbar sehr gut bekannten Pfarrer nicht nach Rom gemeldet hatte. Er sagt jetzt, er habe sein Gewissen geprüft und sei zur Überzeugung gekommen, dass er sich korrekt verhalten habe. Dennoch werde er den Fall in dem neuen Gutachten prüfen lassen. Halten sie es für vorstellbar, dass Woelki dort belastet wird? Ist das überhaupt realistisch?


Haucke: Ich bin kein Prophet, aber, ähm, ich bin mir sehr unsicher, wie eine Gewissensprüfung auf Kardinalsebene aussieht.


Moderator: Ja, wie stellt man sich das vor? Schwierig.


Haucke: Eine Gewissensprüfung meinen sie jetzt?


Moderator: Ja, ja


Haucke: Na ja, er ist ja auf Grund, ähm, ähm, ähm, seines, ähm, moralisch hohen Protest, Podestes aus von dem er spricht, ähm, durchaus gehalten, solche, ähm, Gewissensprüfungen auch nachvollziehbar zu machen, denn, ähm, ähm, ähm, Menschen wie er fordern ja Information über die ähm, ähm, Gewissensprüfung des, des normalen Christen, der nicht geweiht ist, aber eben zur Beichte geht, solche Informationen werden ja eingefordert, also Transparenz auf beiden Seiten wäre gar nicht schlecht.

Der Kardinal hat seinen Fall nach Rom gemeldet, ist sich zwar sicher, alles korrekt gemacht zu haben, aber sein Fall wird auch in dem neuen Gutachten behandelt werden. Welche Folgen das für den Kardinal haben wird, ist spekulativ. Aber jeder kultivierte Mensch mit einem Gewissen prüft sich und seine Arbeit mehr oder weniger häufig, ob sein Handeln in Ordnung ist oder war oder ob Korrekturen erforderlich sind. Dass Herr Haucke mit seinen Vorwürfen um die Ecke kommt und die ehrliche Absicht des Kardinals zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle anzweifelt, lässt tief blicken. Denn offensichtlich hat Herr Haucke kein Gewissen, weil es ihm diebische Freude bereitet, alles und jeden schlecht zu machen, der sich nicht seiner Meinung anschließt. Wie ist es denn zum Beispiel mit seinem Gewissen, wenn er einen Schwerstbehinderten, der Mitglied des Betroffenenbeirats ist, zum Verlassen des Raums auffordert, weil er mal den Mund aufmacht und etwas sagt, was Herrn Haucke nicht passt? Aber dieses Verhalten ist typisch für Herrn Haucke, der nach seiner Aussage Dozent war, in dessen Vita aber eine entsprechende Ausbildung und ein entsprechender Abschluss fehlen. Er leidet wohl an Profilierungssucht.


Moderator: Jetzt wird seit Wochen über Massenaustritte aus der katholischen Kirche in Köln berichtet, eben wegen des Umgangs mit dem sexuellen Missbrauchsskandal. Sind sie eigentlich noch in der katholischen Kirche nach all dem was ihnen widerfahren ist?

Ja, es stimmt, die Kirchenaustritte haben zugenommen. Und es ist praktisch, als Grund den Umgang des Erzbistums mit dem Missbrauchsskandal zu wählen. Ist das aber der Hauptgrund? Diese Frage können nur die Austrittswilligen beantworten. Sicher, dass es tatsächlich so ist, kann niemand sein.


Haucke: Nein, nein, ich bin nicht Mitglied dieser Vereinigung, sag ich mal.


Moderator: Aber glauben sie noch an Gott?


Haucke: Ich habe ein ein, ähm, eigenes, ähm, Glaubensbild, wie übrigens, ähm, ähm, viele Menschen, ich muss aber, ähm, sagen, dass ich tatsächlich nach dem, ähm, nach dem Missbrauch, nach den Vertrauensbrüchen, die damals passiert sind, jahrelang, ähm, auf der Suche nach einer neuen spirituellen Heimat war. Ich bin auch überzeugt, dass der Mensch eine eine spirituelle Heimat braucht, ähm, aber meine liegt nicht in der katholischen Kirche.

Jedem das Seine. Der Eine hat die Religion, der Andere die Ethik, das ist Privatsache. Ob Katholik oder Atheist, die Grundeinstellung muss stimmen. Alles andere ist nebensächlich.


Moderator: Herr Haucke, vielen Dank.




"frank & frei: Gut beraten?" Diskussionsrunde in der Karl Rahner Akademie

Alle rote Texte sind unsere Kommentare


https://www.karl-rahner-akademie.de/kurssuche/kurs/frank-und-frei-Gut-beratenEUR-Online-Kurs/nr/20014_1DIG/bereich/details/



Im Rahmen einer Veranstaltung der Karl Rahner Akademie Köln fand am 17.12.2020 die Diskussion; „frank & frei: Gut beraten? “ , zum Thema: Die Aufklärung des Missbrauchsskandal im Erzbistum Köln statt.

 An dieser Diskussionsrunde, die der Journalist Joachim Frank (Kölner Stadt-Anzeiger) leitete, nahmen folgenden Gäste teil:


Prof. Dr. Bernhard Sven Anuth,

Lehrstuhl für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen

Patrick Bauer,

Gemeindereferent und Gefängnisseelsorger. Ehemaliger Sprecher und Mitglied des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln

Prof. Dr. Claudia Bundschuh,

Lehrstuhl für Pädagogik des Kindes- und Jugendalters an der Hochschule Niederrhein (Mönchengladbach

Prof. Dr. Björn Gercke,

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, verantwortet die Neufassung der Untersuchung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln.


Wir haben die Aussagen (gesprochenes Wort nieder geschrieben) des ehemaligen Sprechers Patrick Bauer, Betroffenen Beirates des Erzbistum Köln, angesehen und hier ( in Rot ) kommentiert:


Joachim Frank: Ich möchte beginnen mit Ihnen, Herr Bauer. Ich habe gesagt, Sie waren von 2018 bis vor kurzem Co-Sprecher des Betroffenenbeirats. Ich hab‘ viele Gespräche gehört und Interviews gelesen, dass Sie überzeugt waren vom Aufklärungswillen des Erzbistums, überzeugt vom Aufklärungswillen des Kardinals auch persönlich, weswegen Sie überhaupt in dieses Gremium gegangen sind und noch kurz vor Ihrem Austritt aus dem Betroffenenbeirat haben Sie im September gesagt, als es noch gar nicht klar war, was jetzt aus dem ersten Gutachten werden würde, sie glaubten nicht, dass hier etwas hinausgezögert oder gar vertuscht werden solle und dass Sie sich immer noch erhoffen, dass persönliche Verantwortungen benannt werden und dass alles seinen guten Weg geht. Was hat Sie diesen Glauben verlieren lassen?


Patrick Bauer: Das Handeln des Erzbistums in den letzten Monaten, vor allen Dingen Ende Oktober. Ich habe nicht verloren meinen Glauben daran, dass der Erzbischof von Köln einen Aufklärungswillen hat. Wenn er den nicht hätte, hätte er nicht Prof. Gercke bestellt, wenn nicht, hätte das Ganze nicht in Gang gebracht. Was ich aber nicht mehr glaube, wo ich völlig verzweifelt bin, ist, dass ich glaube, dass diese Kirche nicht, überhaupt nicht aufklärungsfähig ist. Also mein Glauben daran, dass diese Kirche in der Lage ist, sich selbst aufzuarbeiten, sich selbst zu erklären was sie falsch gemacht hat.
 

Kommentar: Interessant. Zunächst stellt er heraus, dass er nicht am Aufklärungswillen des Erzbischofs zweifelt. Im nächsten Satz zweifelt er an, dass die Kirche aufklärungsfähig ist. Das behauptet sie auch nicht, denn weil das Erzbistum die Aufklärung nicht in Eigenregie durchführen will, hat es die unabhängige Kanzlei Gercke damit beauftragt. Und erst wenn das von dieser Kanzlei erstellte Gutachten völlig indiskutabel ist oder nicht veröffentlicht wird, dann kann man Zweifel äußern, aber bis zur Veröffentlichung sollte man sich mit solchen Äußerungen zurückhalten.

Patrick Bauer: Ich erlebe eine sehr fragmentarische Wahrnehmung der Realität in diesem Bistum zumindest nach außen hin bis dahin, dass völlig unterschiedliche Botschaften gesendet werden. Ich bekomme einen Brief des Erzbischofs, in dem drinsteht, Herr Bauer, sie müssen akzeptieren, dass es meine Entscheidung war, die Untersuchung aus München nicht zu veröffentlichen.


Kommentar: Wenn man die Hintergründe für die Nicht-Veröffentlichung kennt und ohne Emotionen betrachtet, dann war diese Entscheidung richtig, wurde aber erst durch die Zustimmung des Betroffenenbeirats am 29.10.2020 bestätigt und letztlich in Gang gebracht.


Patrick Bauer: Ich habe heute von einem befreundeten Menschen, Christen, einen Brief bekommen, den er bekommen hat, darin steht: Der Betroffenenbeirat hat maßgeblich dazu beigetragen, dass diese Entscheidung gefallen ist.
 

Kommentar: Zitat aus dem Sitzungsprotokoll vom 29.10.2020: „Der BB EBK stärke sowohl dem Kardinal als auch dem GV den Rücken, dass erst dann veröffentlicht werden solle, wenn alles „hieb- und stichfest“ sei. Somit gibt der BB EBK einstimmig sein Votum für eine Veröffentlichung Mitte März. Es solle auch in der Öffentlichkeit so kommuniziert werden, dass der BB EBK die Entscheidung mittrage. Herr Bauer drückt aus, dass ihm auch wichtig sei, der Wut des BB EBK auf die Kanzlei WSW öffentlich Ausdruck zu verleihen.“


Patrick Bauer: Also das nervt mich, das kotzt mich an, bitte Butter bei die Fische, wenn ihr was nicht wollt, sagt es selbst und schiebt nicht andere vor. Das hab‘ ich erlebt, diese fragmentarischen Wahrnehmungen der Realität und halt das Gefühl, dass wir Betroffenen dann, wenn es gebraucht wird, nach vorne geschoben werden, aber wenn es etwas gibt, was wir nicht wissen sollen, erfahren wir es auch nicht. Und das stört mich.


Kommentar: Was ist an dem Sitzungsprotokoll vom 29.10.2020 missverständlich. Herr Bauer selbst hat ausdrücklich gesagt, dass die Wut auf die unzureichende Arbeit der Kanzlei WSW öffentlich gemacht werden soll (siehe Anmerkung zu vorhergehendem Absatz). Und diese eigene Aussage nervt ihn und kotzt ihn an? Kann er mit seinen eigenen Äußerungen nicht umgehen? Auch wurde hier niemand vorgeschoben, denn der Beschluss des Beirats war eindeutig. Und selbst wenn Herr Bauer im Einklang mit Haucke und Ponsens einen Tag nach der Sitzung entgegengesetzter Meinung ist, so hatte er sich als Sprecher an den Beschluss des Beirats zu halten. Dieser Beschluss war in der Sitzung einstimmig, also 7 von 7 teilnehmenden Mitgliedern. Wenn er nachher, wie in einer Mail an die Interventionsstelle von ihm ausgeführt, den Mehrheitsbeschluss anzweifelt, da seiner Meinung nach die 3 Ausgetretenen plus 2 noch verbliebene Mitglieder anderer Meinung sind, so liegt er falsch, denn er kennt offensichtlich nicht die Geschäftsordnung, in der es heißt:
„4.5. Beschlussfähigkeit und Beschlüsse (1) Der BB EBK ist beschlussfähig, wenn alle Teilnehmenden ordnungsgemäß eingeladen wurden und mindestens 7 Personen aus dem Kreis der Betroffenen anwesend sind. (2) Stimmberechtigt sind nur die berufenen Mitglieder des BB EBK. (3) Beschlüsse werden offen durch Handzeichen gefasst; auf Antrag eines Mitglieds wird geheim abgestimmt. (4) Beschlussvorlagen sind mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder angenommen, soweit nichts anderes ausdrücklich bestimmt ist. Stimmengleichheit bedeutet Ablehnung.“
Also waren für die Wirksamkeit des Beschlusses vom 29.10.2020 mindestens 4 Stimmen erforderlich, da 7 Mitglieder anwesend waren. Und diese 4 stehen nach wie vor hinter dem Beschluss.


Joachim Frank: Herr Bauer, das Besondere an diesem Fall ist ja nun auch, dass Kardinal Woelki mit dem Beschuldigten besonders gut bekannt war. Den kannte er ja seit Jugendzeiten, das war ein Mentor, also man kann sich ja relativ leicht vorstellen, das ist Spekulation, aber wahrscheinlich nicht ganz fernliegend, dass er sich 2015 die Akte kommen lässt, das ist ja nicht nur durch eine eidesstattliche Versicherung unterlegt, sondern hat der Kardinal unterdessen selbst gesagt, ja, er hat die Personalakte 2015 gesehen, sieht da diesen Namen, sieht den Fall, dass der Mann ist schwer krank, ähm, lassen wir mal. Das wäre zumindest 'ne Spekulation. Seine Düsseldorfer Gemeinde von dem Pfarrer hat gestern 'ne Erklärung rausgegeben, in der sie einerseits entsetzt auf die Vorwürfe reagiert, auf der anderen Seite aber sagt, so kann das nicht weitergehen und wir glauben dem Kardinal nicht mehr, dass er seiner Verantwortung gerecht wird. Das ist ja wahrscheinlich für Sie als Betroffener, wenn man das dann hört, so dieses möglicherweise, der eine schützt den anderen, so, sie haben von Familie geredet, Herr Anuth, also kommt da nochmal so 'ne spezielle Dimension für Sie dazu?
 

Kommentar: Suggestivfrage!


Patrick Bauer:  Die spezielle Dimension ist Wut, Erschrecken und Fassungslosigkeit, weil, ich habe Kardinal Woelki in den letzten, ja, 2 Jahren jetzt als mir gegenüber sehr offen und sehr ehrlich erlebt. Ich habe immer wieder in allen Interviews bis Oktober gesagt, wir haben eine gewisse Augenhöhe. Und das habe ich verloren und meine Vorstellung ist tatsächlich die, dass, so habe ich das kennengelernt, dass Kardinal Woelki gefragt hat: „Können wir da was tun?“ Und dann wird ihm irgendjemand gesagt haben: Mensch, der ist doch krank, der ist dement, und dass der Betroffene will ja auch nichts mehr sagen, und da hat er gesagt: Nee, dann lassen wir das.
 

Kommentar: Und Herr Bauer fällt genau auf diese Fangfrage rein. Er spekuliert, was sein könnte, mit Fakten hat das nichts zu tun.


Patrick Bauer Aber das ist ja das Entscheidende, es werden Teile genommen, die wahr sind.
 

Kommentar: Wenn das das Entscheidende ist für seine Kritik, wieso macht er genau dasselbe. Er betreibt Rosinenpickerei und greift immer das auf und kritisiert es, was ihm in den Kram passt. Das große Ganze verliert er mit diesem Vorgehen mehr und mehr aus den Augen. Oder ist diese Taktik so gewollt, weil es sich gut in den Medien macht? Diese stützen sich nämlich auch nur allzu oft auf Einzelaussagen und betrachten nicht die Gesamtheit.


Patrick Bauer:  Es ist wahr, dass der Betroffene wie jeder Betroffene, wie wirklich jeder, wie auch ich, nachdem er seinen Fall geschildert hat, sagt, jetzt möchte ich aber erst mal Ruhe haben. So. Das heißt aber doch nicht, dass ich 3, 4, 5 Jahre später nicht noch mal in der Lage bin darüber zu reden, ja, und das ist, es werden sich nochmal Wahrheiten zurechtgelegt, und so, wie man sie braucht, und in diesem Fall war es einfach so, und das glaube ich, ähnlich wie sie das gerade gesagt haben, das ist ein Mensch, der ist mir sympathisch, ich kann mir nicht vorstellen, dass ich den jetzt nochmal damit belasten muss, dass er so schwer krank ist, dann lass ich ihn mal besser in Ruhe. Das ist menschlich. Aber in diesem Punkt darf der Erzbischof von Köln nicht menschlich sein, er muss Erzbischof von Köln sein, und er hatte die Aussage des Betroffenen, und die hätte er weiterleiten müssen.
 

Kommentar: Ist denn nicht gerade das Menschliche, das Mensch-Sein ein Hauptbestandteil der christlichen Lehre, auf die sich Herr Bauer an anderer Stelle beruft? Ohne die Angelegenheit mit Pfarrer O. schönzureden sollten wir das Gutachten abwarten, in dem auch dieser Fall behandelt wird. Im WSW-Gutachten ist er übrigens nicht enthalten. Wenn hier falsch gehandelt wurde, dann soll Rom entscheiden, was geschehen soll.


Patrick Bauer: Die hatte er. Jeder von uns weiß, der betroffen ist, der diesen Antrag durchlaufen hat, was man aufschreiben muss, damit man dieses Geld bekommt, damit du überhaupt die Anerkennung bekommst, mir ist was passiert. Man muss die Tat detailliert schildern. Das heißt, das hat dieser Betroffene gemacht.


Joachim Frank: Und er hat noch viel Geld bekommen verhältnismäßig, also 15.000 Euro, das war viel damals.


Patrick Bauer: Das ist das Dreifache von dem und ich kenne wirklich schwere Betroffene, also Leute mit mehrfacher, ich sag’s nicht, so, ähm, und die haben alle nur 5.000 bekommen. Ich frag‘ mich tatsächlich, wieso, und da kann man jetzt noch etwas draus drehen, ich weiß es nicht, aber ich als Betroffener frage mich tatsächlich, wieso bekommt jemand plötzlich die dreifache Menge dessen, was der Maximalsatz ist.
 

Kommentar: Zu der Zeit damals gab es offensichtlich keine festgelegten Sätze und keine Ober- oder Untergrenze. Es wurde, wie auch im bürgerlichen Recht, jeweils im Einzelfall entschieden. Dass es dabei zu nicht zu verstehenden Unterschieden und Auffassungen gekommen ist, ist ebenso eine Tatsache wie wir oft nicht verstehen, warum Recht und Gerechtigkeit zwei Paar Schuhe sind. Hoffentlich wird durch das neue Verfahren ab 1.1.2021 eine verständlichere Regelung eintreten. Damit ist aber nicht gesagt, dass die von der DBK vorgenommene Obergrenze von 50.000 Euro richtig ist, sondern ganz im Gegenteil: Die Obergrenze müsste im Extremfall bei ca. 900.000 Euro liegen, wenn man entsprechende Berechnungen anstellt. Zumindest der von Experten, die übrigens von der Kirche beauftragt waren, vorgeschlagene Wert von 300.000 bis 400.000 Euro müsste den Betroffenen gewährt werden.


Joachim Frank: Mich interessiert da noch was anderes, und zwar, dieses was das Interesse eigentlich der Betroffenen ist. Also man kann ja viel darüber reden, muss man den alten kranken Mann noch da irgendwie jetzt nochmal quälen, muss man dem bis über den Tod hinaus Pfarrertitel aberkennen oder so, also was ist das Interesse der Betroffenen in der Verfolgung der Täter?


Patrick Bauer: Sie wollen, Prof. Gercke war dabei, wie ein Betroffener zum Erzbischof gesagt hat: Können sie denn nicht machen, dass mein Täter endlich zugibt, was er getan hat. Wir Betroffenen wollen hören, was uns angetan worden ist, wir wollen, dass uns jemand bestätigt, ja, das ist uns getan worden.
 

Kommentar: Warum nicht neben dem hier Genannten auch das andere Ziel klar benennen: Eine Anerkennungsleistung in entsprechender Höhe. Und die müsste deutlich höher sein als die von der DBK festgelegte Maximalhöhe von 50.000 Euro (siehe oben). Der Freund von Herrn Bauer und ehemalige Co-Sprecher des Beirats, Karl Haucke, hat sogar diesen Aspekt ganz offen in den Vordergrund gestellt. Dies hat er im Beirat durch seinen Ausspruch „Her mit der Kohle“ deutlich gemacht und dieses Thema hat er auch bei seinen Demonstrationen anlässlich der Bischofsvollversammlungen im Frühjahr 2020 in Mainz und im Herbst 2020 in Fulda herausgestellt. Offensichtlich steht bei ihm das Geld an erster Stelle.


Joachim Frank: Kann er aber nicht, wenn er dement ist.


Patrick Bauer: Nein, das kann er nicht wenn er dement ist, und ich weiß von einem anderen Betroffenen, der hat seinem Täter gegenüber gesessen, und der Täter hat wortwörtlich ihm ins Gesicht gesagt: Was beschwerst du dich hier, du hast dich doch nie beschwert. Ja, also, oder du hast doch nichts gesagt. Die Spitze ist das, was in Polen passiert ist, ja, wo dann gesagt wird, naja, der hätte ja nicht als Messdiener mit auf die Fahrt fahren müssen. Das ist so niederschmetternd, wie mit uns Betroffenen geredet wird. Das ist so unsäglich, dass nicht hingegangen wird und einer mal wirklich, auch ein Bischof, mit sich mit der Hand auf die Brust schlägt und sagt: Ich hab‘ Mist gebaut, ich bin schuld. Ja, also das ist, es ist unglaublich, mir fehlen da die Worte.
 

Kommentar: Hier liegt Herr Bauer richtig. Wer Schuld auf sich geladen hat und einem Kind oder einem Jugendlichen Leid zugefügt hat, der muss diese Schuld bekennen und die Konsequenzen tragen. Und das insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Täter Kleriker der Kirche sind, die sich moralisch und ethisch in einer Vorreiterrolle sieht.


Patrick Bauer: Lassen sie mich, entschuldigen sie, ja, Herr Jochen, Herr Frank, mein Täter liegt auf dem offiziellen Friedhof der Jesuiten auf dem Gelände des Aloisius-Kollegs in Bonn-Bad Godesberg begraben. Da steht sein Grabstein, auf dem steht: Pater, hier liegt Pater Punkt, Punkt, Punkt.
 

Kommentar: Ich zitiere an dieser Stelle Herrn Bauer wenn ich sage: Butter bei die Fische. Stets und ständig wird die Veröffentlichung des Münchener Gutachtens gefordert, man will die Namen wissen, und Herr Bauer kennt den Namen seines Täters. Warum nennt er ihn nicht und gibt damit ein Beispiel? Warum nur die anonyme Angabe „Punkt, Punkt, Punkt“? Hatte Herr Bauer bei seiner Äußerung möglicherweise äußerungsrechtliche Bedenken, also die Bedenken, die er dem Erzbischof hinsichtlich des WSW-Gutachtens verwehrt? Warum fehlt ihm der Mut, den Namen zu nennen? Hier bestätigt sich der Spruch vom „Den Anderen Wasser predigen und selbst Wein trinken.“ Wenn Herr Bauer selbst nicht den Mut aufbringt den Namen seines Täters öffentlich zu nennen, wie kann er dann dem Erzbischof Vorwürfe machen, wenn dem und einigen hochkarätigen Juristen die Äußerungen in dem Gutachten von WSW bedenklich erscheinen.


Patrick Bauer: So. Ich stand vor diesem Grab, ich habe mich gefragt: Pinkelst du drauf? Tanzt du drauf oder was machst du? Das war für mich gar nicht wichtig. Was für mich aber wichtig gewesen wäre, und das haben wir vom Eckigen Tisch den Jesuiten immer wieder gesagt: Entfernt die Grabsteine dieser Täter! Die haben an diesem Ehrenplatz nichts verloren. Das wäre Genugtuung. Das wäre Genugtuung, diesen Menschen klar zu machen nach außen: Hier wird jemand geehrt. Ja, und das ist das Entscheidende. Hier wird jemand geehrt, der eigentlich nicht geehrt gehört, sondern, oder sie schreiben bitte auf den Grabstein drauf: Dieser Mann, mein spezieller Täter, hat über 100 Kinder missbraucht.


Joachim Frank: Herr Bauer.


Patrick Bauer: Sie haben es eben selbst gesagt, Herr Frank, wir sind ja kein Verein, wo jemand gegen eine Vereinsordnung verstoßen hat, wir sind die katholische Kirche. Wir haben als Grundlage unseres Handelns das Wort Jesu, wir haben als Grundlage unseres Handelns die Bibel, auf der sich alles, wirklich alles aufbaut. Wenn ich nur dieses Buch in die Hand nehme und mir die zehn Gebote nehme, dann muss sich, dann muss sich ein jeder Bischof, ein jeder Generalvikar, ein jeder Personalchef fragen, wo habe ich das Wohl der Kirche über das Wohl eines Kindes gestellt? Jesu Wort: Ihr müsst euch um diese Geringsten kümmern. Also bitte, wenn ich sage, die Institution ist wichtiger als ein Kind, dann verstoße ich gegen all das, was Jesus ausgemacht hat. Und das ist für mich entscheidend und ich kann einfach nicht begreifen, das ist, das fällt mir so unglaublich schwer. Jeder Mensch hat in seinem Leben Mist gebaut. Auch ich. Ja, jeder. Und ich weiß was ich falsch gemacht habe. Und mir kann keiner erklären, keiner, wenn ich als Generalvikar einen Pfarrgemeinderat verpflichte über einen Missbrauch zu schweigen, dass ich dann nicht heute mich hinstellen kann und sagen kann: Verdammt nochmal, ich habe damals meine Kirche in den Mittelpunkt gestellt und nicht das Wohl des Kindes. Was ist daran bitte so schwer?


Patrick Bauer: Das ist das, was ich mich auch immer wieder frage. An irgendeinem Punkt muss irgendein Generalvikar, Personalverantwortlicher, Bischof, gesagt haben: Hier fühle ich mich äußerungsrechtlich nicht richtig, ähm, behandelt. Ja, irgendwer muss doch dem Erzbischof, muss doch dem Generalvikar gesagt haben, lass das mal äußerungsrechtlich prüfen. Denn sie selbst kennen das Untersuchung aus München nicht. Sie kennen allerdings, und das ist glaube ich richtig, immer den Teil, der über sich selbst geht.
 

Kommentar: Jeder, der von der Kanzlei WSW befragt wurde, sollte auch ein Gesprächsprotokoll erhalten. Wie bekannt ist, wurden diese Protokolle aber nicht oder nur auf Anfrage zugestellt und entsprachen auch nicht in jedem Fall dem Gesprächsablauf, da offensichtlich manches aus dem Gedächtnis heraus geschrieben wurde. Dass dann der eine oder andere Beschuldigte sich Gedanken macht, ist nicht verwunderlich. Ich meine damit nicht, dass die Namensnennung falsch wäre, sondern dass aus diesem Grund das Gutachten bei seiner Veröffentlichung angriffsanfällig gewesen wäre.


Joachim Frank: Gut, das tun wir dann. Aber jetzt so nochmal systematisch oder systemisch Konsequenzen. Das wäre jetzt vielleicht noch eine Schlussrunde, bevor wir dann sicher eine ganze Reihe von Publikumsfragen haben. Ich schaue in die Tiefe des Raumes, weil Norbert Bauer da sitzt und die sicher schon ein bisschen sortiert hat. Also: Konsequenzen. Jetzt heißt es: Da müssen Köpfe rollen, aber das ist wahrscheinlich auch ein Aspekt, ob persönliche Verantwortung übernommen werden muss, aber das kann’s ja nicht nur sein. Herr Bauer.


Patrick Bauer: Natürlich bin ich der Meinung, wenn einem, ich mach’s jetzt mal am Begriff Prälaten fest. Wenn jemand, der Prälat ist, das ist ein Ehrentitel, dem nachgewiesen wird, er hat an einem Punkt seines Handelns das Wohl der Kirche, das Wohl eines Mitbruders, über das Wohl eines Kindes, eines Jugendlichen, gestellt, dann darf er meiner Meinung nach diesen Titel Prälat nicht mehr tragen. Punkt. Wenn ein Weih, ein Bischof, das auch nachgewiesen wird, dann hat er in meinen Augen jedes Recht verwirkt, glaubhaft als Bischof zu agieren, weil er dann die Vertrauens, das Vertrauen in das Kirchenvolk meiner Meinung nach verloren hat.
 

Kommentar: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Nicht er hat das Vertrauen in das Kirchenvolk verloren, sondern das Kirchenvolk hat sein Vertrauen in ihn verloren.


Patrick Bauer: Das ist aber nur ein Punkt. Der andere Punkt ist vielmehr, dass wir das System Kirche verändern müssen. Wir müssen aufhören in diesem hierarchischen Prinzip zu denken, wir müssen aufhören in Einzelaktionen zu denken, wir müssen aufhören Machtinseln zu schaffen, wir müssen Vieraugen-, Achtaugen-Prinzipien einführen und wir müssen mehr gucken, wo werden Menschen, vorgeführt, wo werden Menschen, ähm, mit ihren wirklichen Bedürfnissen nicht mehr gesehen, sondern wir müssen das ändern, dass wir die Menschen sehen und dass wir auch Transparenz endlich schaffen.

Kommentar: Wenn das die Meinung von Herrn Bauer ist, dann frage ich mich, wieso er so fest an seinen Freund Karl Haucke glaubt, der stets und ständig im Betroffenenbeirat andere Mitglieder vorgeführt hat, dem die Bedürfnisse anderer egal waren und sind, der nur sein Ego sieht und wie er sich am besten darstellen kann.


Norbert Bauer mit einer Frage aus dem Publikum: Eine Frage: Ich frage mich, ob der Kardinal in letzter Zeit noch einmal Kontakt zum Betroffenenbeirat und/oder den ausgeschiedenen Mitgliedern aufgenommen hat. Vielleicht hat er sogar Stellung bezogen mit Bezug auf den Vorwurf, dass er den Betroffenenbeirat als Feigenblatt instrumentalisiert hat. Ich hatte, er hatte viele Stellungnahmen herausgegeben, aber dazu habe ich bisher noch nichts gelesen.


Joachim Frank: Herr Bauer


Patrick Bauer: Ich habe von Kardinal Woelki einen Brief bekommen, in dem er sich bei mir für meine Arbeit bedankt hat, in dem er mir nochmal erklärt hat, warum er, warum ER die Entscheidung treffen musste, die Untersuchung aus München nicht zu veröffentlichen, darüber hinaus hab‘ ich aktuell keinen Kontakt zur Bistumsleitung als Betroffener, ähm, und, eh, das Thema, dass wir als Feigenblatt instrumentalisiert worden oder wie es mein Kollege Karl Haucke gesagt hat, wir sind nochmal missbraucht worden, das wird schlicht und ergreifend totgeschwiegen in allen Äußerungen des Erzbistums.
 

Kommentar: Wieso missbraucht oder instrumentalisiert? Das ist immer nur die persönliche Sicht auf die Dinge. Und wenn Herr Haucke sagt, dass er missbraucht wurde, dann frage ich: Wann? Er war nicht bei der Sitzung am 29.10.2020 anwesend. In dieser Sitzung wurden, wie oben bereits ausgeführt, entsprechende Beschlüsse gefasst. Kardinal Woelki hatte für sich zwar entschieden, dass aus seiner Sicht ein neues Gutachten erstellt werden sollte, aber eine letzte Hürde hatte er sich auferlegt, nämlich die Zustimmung zu diesem Vorgehen vom Betroffenenbeirat. Und danach hat die Pressestelle des Erzbistums die gemeinsame Presseerklärung formuliert, Herrn Bauer zur Gegenprüfung und Äußerung zukommen lassen, und erst veröffentlicht, als von Seiten des Betroffenenbeirats, also von Herrn Bauer als ihr Sprecher, keine Einwände geäußert worden waren. Was ist daran Missbrauch? Den kann ich nicht erkennen. Außerdem darf er sich doch am wenigsten wundern, wenn das Bistum zu ihm keinen Kontakt aufnimmt, denn in seiner Rücktrittserklärung vom 16.11.2020 hat er folgendes geschrieben: „Ich bitte Sie daher zu akzeptieren, dass ich, als Betroffener sexualisierter Gewalt durch einen Priester, Ihnen nicht mehr für Beratung oder zum Austausch zur Verfügung stehe.“ – Warum also Kontakt erwarten?


Joachim Frank: Ich meine, Herr Bauer, das hängt Ihnen natürlich noch an. Diese Presseerklärung, da stand drin, die Münchener haben so schlecht gearbeitet, gut, dass das jetzt alles so ist, und, eh, das geht dann, das bleibt Ihnen ja, oder da mussten Sie ja irgendwie mit umgehen, bis heute wahrscheinlich.


Patrick Bauer: Ich werde immer, immer und immer wieder von Betroffenen, von Journalisten angesprochen, wie ich das zulassen konnte, ich erzähl‘ immer die gleiche Geschichte: Ich saß in meinem Auto mit meinem Handy, morgens um neun, Freitagmorgen 9 Uhr, ich bekam per E-Mail die Pressemitteilung zugeschickt, ich hab‘ sie gelesen und hab‘ nur gelesen, ja, diese Sätze, die dort drinstehen, sind so gefallen in der Sitzung, ähm, und dann hatte ich gemerkt, mir geht’s damit nicht gut, ich habe damals dem verantwortlichen Pressemensch gesagt, ich habe da Bauchweh, ich möchte da gerne noch was, aber ich weiß nicht was. So. Und dann hat er gesagt: Gut, sie haben bis 13 Uhr Zeit mir noch was anderes zu schreiben. Ich hatte aber um 10 Uhr einen Termin auf meiner Arbeit mit Gefangenen, die auf mich gewartet haben. Ich hatte diese Zeit nicht, ich musste in dem Moment entscheiden, ich habe in dem Moment gesagt, um Himmels Willen oder, wenn’s dann so ist, veröffentlichen sie, das sind Sätze, die so gefallen sind.
 

Kommentar: Und warum war es nicht möglich, Stopp zu sagen? Selbst wenn der Pressemensch bis 13 Uhr eine Entscheidung haben wollte, Herr Bauer aber, wie er sagt, Bauchweh wegen der Erklärung hatte, dann wäre es nur logisch gewesen, die Zustimmung zu verweigern und sich Zeit auszubitten. Was ist daran so schwer? Herr Bauer hat eigentlich das gemacht, wozu er Sprecher des Beirats war, nämlich die getroffene Entscheidung aller Teilnehmer an der Sitzung zu akzeptieren und zur Veröffentlichung freizugeben.


Patrick Bauer: Ähm, ich war an dem Abend sauer auf die Münchener, weil sie mir meine Untersuchung an dem Abend versaut haben, ähm, ich persönlich habe in München angerufen, ich wollte mich dort entschuldigen für diese Worte, die mir in den Mund gelegt worden sind, mir ist das verboten worden - (Lacher von Bauer) – also die


Kommentar: Es wurden Herrn Bauer keine Worte in den Mund gelegt, sondern die waren so mit ihm und dem Beirat vereinbart und beschlossen. Nur um seine nachher entgegengesetzte Meinung in gutem Licht darzustellen, werden von ihm seine eigenen Äußerungen nun als „in den Mund gelegt“ bezeichnet.


Joachim Frank: Wie verboten worden.



Patrick Bauer: Nein, die Münchener haben gesagt, sie möchten keine Entschuldigung von mir.


Joachim Frank: Ach so.

Patrick Bauer: Sie haben gesagt, sie sehen das wie es gelaufen ist und ich brauch mich bei denen nicht zu entschuldigen. Ähm, mir tut das nach wie vor leid, mir tut das bis heute leid, dass ich am 29.10., vielleicht erinnern sie sich noch, Herr Gercke, ich habe die Kollegen im Betroffenenbeirat noch gefragt, möchte nicht einer von euch jetzt bitte unter uns tagen, dass wir alle rausschicken, und alle haben gesagt, nee, brauchen wir nicht, also, ich muss mal sagen, der Prof. Gercke und Prof. Jahn und auch die Frau Stirner, Dr. Stirner, die waren so professionell, ja, das ist ja auch was Gutes, aber


Joachim Frank: Ist ihr Job, näh.


Patrick Bauer: in dem Moment, in dem Moment hatte ich nur das Gefühl, boh, ist diese Untersuchung aus München schlecht, wir brauchen schnell was anderes. Das war das Gefühl, was mir gegeben worden ist. Im Nachhinein, im Nachhinein muss ich deutlich sagen, mir hat gefehlt, jemand wie Herr Anuth oder auch tatsächlich jemand aus München, der 'ne Gegenrede gemacht hätte. Weil das war für mich im Nachhinein, war das ein, ein Gerichtssitzung, wir Betroffenenbeirat mussten ein Urteil fällen über die Untersuchung aus München, ich hatte als Richter nur die Ankläger, ich hatte keinen Verteidiger, und das ist der Grund, warum ich an dem Abend zugestimmt habe. Ich würde heute so nicht mehr zustimmen, weil ich immer sagen würde, ähm, ich brauche ein Gegenargument.


Joachim Frank: Auch die andere Seite hören.


Patrick Bauer: Auch die andere Seite muss gehört werden, und was ich bis heute mich maßlos drüber ärgere ist, dass immer wieder behauptet wird, es war der Betroffenenbeirat wegen dessen die Untersuchung aus München nicht veröffentlicht wurde. Es war verdammt nochmal die Entscheidung des Erzbischofs von Köln, diese Untersuchung nicht zu veröffentlichen. Es war nicht die Entscheidung des Betroffenenbeirats, und das ist das, was ich dem Bistum bis heute ankreide, und dafür erwarte ich nach wie vor eine Entschuldigung. Und diese Entschuldigung hat‘s bis heute nicht gegeben.
 

Kommentar: Jetzt mal halblang. Zunächst spricht es für die Mitglieder des Betroffenenbeirats, dass sie entschlussfreudig sind und auch verstehen, wenn ihnen fachlich einwandfreie Argumente geliefert werden. Was hätte es denn gebracht, wenn man entweder einen Anwalt der Gegenseite gehört hätte oder wenn man das Gutachten von WSW hätte lesen können? Nichts als eine weitere Verzögerung, die doch eigentlich keiner will und auch damals nicht wollte. Man stelle sich vor, man hätte das Gutachten lesen können. Zunächst eine Frage der Zeit, die man zur Verfügung dafür gehabt hätte, denn über 520 Seiten benötigen einiges an Zeit, ein Mangel bei den berufstätigen Mitgliedern des Beirats und auch die übrigen Mitglieder haben neben der Beiratsarbeit noch ein eigenes Leben. Aber selbst wenn man das Gutachten gelesen oder einen Anwalt der Gegenseite gehört hätte, wer aus dem Beirat hat denn so qualifizierte juristische Kenntnisse, dass er oder sie sich ein fundiertes Urteil bilden kann, ob es zu dem Gutachten von WSW berechtigterweise äußerungsrechtliche Bedenken gibt oder nicht. Die einen hätten vielleicht gesagt, es gibt diese Bedenken, die anderen wären nicht dieser Meinung gewesen. Das Ende vom Lied wären, wenn man es wasserdicht hätte machen wollen, endlose Debatten gewesen, die eine Menge Zeit gebraucht hätten. Und wann wäre dann ein Gutachten fertig gewesen bzw. veröffentlicht worden? Bestimmt nicht vor dem 18.3.2020. Quintessenz: Im Sinne einer schnellen Veröffentlichung war es nur sinnvoll, dem Gedanken des Kardinals zu folgen und dem Urteil der Juristen Glauben zu schenken, die sich das alles ja auch nicht aus den Fingern gesogen haben, sondern es war die übereinstimmende Meinung verschiedener Juristen. Und das ist gerade bei Juristen sehr selten, denn normalerweise gibt es bei 10 Juristen 20 Meinungen. Bei einer solch einheitlich gleichen Meinung kann man dann schon sehr sicher sein, dass das Gesagte Hand und Fuß hat.


Joachim Frank:: Herr Anuth


Bernhard Sven Anuth: Ich hätte nicht gesamt für das Gutachten von Westphal, Spilker und Wastl reden können, weil ich das nicht kenne, ich weiß auch gar nicht, ob ich es hätte verteidigen wollen, wenn ich es gekannt hätte, ich find‘ nur bedauerlich, dass wir uns alle kein eigenes Bild davon machen können und dass insbesondere der Betroffenenbeirat sich kein Bild machen konnte, denn wenn ich eben richtig gelesen habe, sind die ersten Akten an ihre Kanzlei - (Gercke) – im September gegangen, stand zumindest so in der Zeitung, und das Treffen im Betroffenenbeirat war Ende Oktober. Richtig?


Patrick Bauer: Ich möchte noch einen drauf setzen. Ich möchte‘ noch einen drauf setzen. Ich habe am 9. Oktober mit Erzbischof Kardinal Woelki und mit Generalvikar Dr. Hofmann zusammen gesessen. Ich habe am 9. Oktober den Generalvikar gefragt, wie sieht’s mit der Unabhängigen Untersuchung aus München da aus. Am 9. Oktober hat er zu mir gesagt: Kann ich Ihnen nicht sagen. Am 9. Oktober waren die Akten schon bei ihnen, Prof. Gercke. Am 9. Oktober war Prof. Jahn schon beauftragt. Und das ist etwas, was absolute Intransparenz ist und das ist das, was absolute Nicht-Augenhöhe ist, erst recht nicht mit Betroffenen.
 

Kommentar: Damit sowohl die Juristen Jahn und Streng als auch die Kanzlei Gercke detailliert darlegen konnten, was in dem Gutachten der Kanzlei WSW nicht in Ordnung ist, mussten sich die Experten ja zunächst mal ein Bild machen können, also wissen, worüber sie reden sollten. Was ist also daran verwerflich, wenn man ihnen dafür ca. 6 Wochen Zeit gegeben hat? Und da vor der Sondersitzung am 29.10.2020 nicht klar war, ob man nun tatsächlich ein neues Gutachten in Auftrag geben soll, war es auch nicht möglich, dass seitens des Erzbistums dazu genaue Auskünfte gegeben werden konnten. Und wer Haucke, Bauer, Ponsens usw. kennt, der kann sich ohne Mühe ausmalen, welche Schlammschlacht von denen geschlagen worden wäre, wenn auch nur der Hauch der Vorgehensweise im Vorfeld bekannt geworden wäre.


Patrick Bauer: Also das ist der Punkt, wo ich, das ist übrigens der Grund, warum ich ausgetreten bin, ja, nicht der Grund, dass die Untersuchung nicht veröffentlicht wird. Vielleicht ist das sogar gut so, dass sie – (Gercke) – jetzt 'ne Untersuchung machen. Das kann ich ja nicht beurteilen. Ich bin zurückgetreten, weil man mit uns Betroffenen nicht auf Augenhöhe und nicht transparent umgegangen ist.
 

Kommentar: Das sind Halbwahrheiten, denn wieso ist nur die Gruppe Bauer, Haucke, Ponsens und ihre beiden Anhänger aus dem Beirat dieser Meinung. Die anderen 4 Mitglieder fühlen sich weder instrumentalisiert noch erneut missbraucht, sondern empfanden die Sondersitzung als sehr informativ und aussagekräftig und waren und sind willens, und zwar aus eigenem Entschluss, den Weg des Erzbischofs bis zur Veröffentlichung des neuen Gutachtens am 18.3.2021 mitzugehen. Für sie war das absolut Augenhöhe und hatte mit Verschleierung und Intransparenz nichts zu tun.

Joachim Frank: Ja, Herr Bauer, es war doch so, dass gefragt wurde. Möchten sie da mitmachen, und dann gab‘s diese Ernennung. Vielleicht können Sie auch zur Mitwirkung von Betroffenen was sagen, Frau Bundschuh, weil sie sich ja auch damit intensiv befasst haben. Herr Bauer.


Patrick Bauer: Also, im Endeffekt ist es ja so. Der Betroffenenbeirat ist ein Beratungsgremium des Erzbischofs. Als solcher wird er auch vom Erzbischof ernannt, berufen. Die Vorschlagsliste für diese Berufung kommt allerdings sowohl bei dem Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz als auch im Erzbistum Köln, kam von Leuten, die nicht bei Kirche angestellt sind. Ja, also das war tatsächlich ein unabhängige, unabhängige Gruppe von Menschen, die diese Leute vorgeschlagen haben aus den Bewerbungen. Eh, so. Ähm, die Frage ist für mich heute, ich habe ja den Kölner Betroffenenbeirat mit konzeptioniert, ist, ist das so okay. Heute steh ich hier und muss sagen, das was ich damals 2018 mit konzeptioniert habe, war nicht gut. Ich bin der Meinung, das muss komplett outgesourct werden. Also von mir aus soll der Herr Rörig entscheiden auf Grund von Bewerbungen, wer in so 'nem Betroffenenbeirat dabei ist, aber keiner, der vom Erzbischof benannt ist.
 

Kommentar: Es ist schon interessant, wie Herr Bauer von heute auf morgen seine Meinung ändert. Während der letzten gut eineinhalb Jahre, in denen der Betroffenenbeirat besteht, hat er mehrfach zum Ausdruck gebracht, wie wichtig diese Arbeit ist und war von der Zusammensetzung des Beirats angetan, hat auch die Mitglieder, die heute anderer Meinung sind als er und nach wie vor im Beirat sind, als wichtige Mitglieder und als absolut zugehörig zu der Gruppe bezeichnet. Mir dünkt, dass Herr Bauer den Beirat jetzt nur deshalb als nicht gelungen bezeichnet, weil sich darin Mitglieder befinden, die nicht seiner Meinung und der von Karl Haucke sind. Er hat, wie er selbst sagt, den Beirat mit konzeptioniert. Wenn er damals Leute in den Beirat geholt hat, die er nicht kannte und die er nur nach den Bewerbungen ausgesucht hatte, dann musste er damit rechnen, dass es auch andere Meinungen als seine eigene geben wird. Wenn er das nicht akzeptieren kann, dann hat er ein Problem. Und wenn er vorschlägt, dass z.B. Herr Rörig die Bewerbungen sichtet und dann die Mitglieder aussucht, stellt sich doch die Frage, wen hätte Herr Rörig denn ausgesucht? Nach welchen Kriterien hätte er entschieden? Vermutlich wären dann Herr Bauer und ein weiteres Beiratsmitglied, die beide beim Erzbistum angestellt sind, als erste durchgefallen. Und da Herr Bauer Angestellter der Kirche ist, die er so heftig kritisiert, hat er eigentlich in keinem Gremium, was sich mit der Aufarbeitung befasst, etwas zu suchen, also auch nicht im Beirat der Deutschen Bischofskonferenz.


Patrick Bauer: Und nochmal ganz kurz: Das ist ein Problem des Kölner Betroffenenbeirats, weil in diesem Betroffenenbeirat auch Mitglieder sind, die quasi mehr oder weniger vom Erzbischof persönlich aufgefordert worden sind, sich zu bewerben. Und die halt quasi qua Proklamation vom Erzbischof in diesen Betroffenenbeirat reingebracht worden sind. Also ich find nicht richtig.
 

Kommentar: Und warum ist das nicht richtig? Sind diese Leute, nur weil sie vom Erzbischof ausgesucht wurden, auch gleich dem Erzbischof hörig oder Vasallen des Erzbistums? Dann könnte man gerade ihm eine zu große Nähe zum Erzbistum unterstellen, weil dieses sein Arbeitgeber ist. Und das trifft auch noch auf ein anderes Mitglied zu (siehe dazu Anmerkungen im vorherigen Absatz).


Joachim Frank: Wir machen eine kleine Zeitreise ins Jahr 2021, wir schreiben den 18. März, Herr Gercke hat soeben sein Gutachten dem Erzbistum übergeben, und wurde der Öffentlichkeit vorgestellt und es ist 20 Uhr, 20 Uhr eins, die Tagesschau, nicht mehr mit Jan Hofer, aber wem auch immer. Was ist die Meldung des Tages. Herr Bauer.


Patrick Bauer: Ich bin Realist, und als dieser sage ich, es wird ein Statement, entweder des Erzbischofs oder des Generalvikars geben, in dem dieser sagt: Wir sind dankbar, Prof. Gercke, für diese Unterlagen. Bitte verstehen sie, dass wir die Akten erst lesen müssen und wir werden dann zu gegebener Zeit die Konsequenzen hieraus benennen. Das wird passieren. Was ich mir wünschen würde, was ich mir wünschen würde, dass man Mitteilung bekommt, dass einer, der Verantwortung nicht wahrgenommen hat für Kinder und Jugendliche, sagt, ich weiß jetzt, ich habe Schuld auf mich geladen, ich ziehe für mich persönlich die Konsequenzen. Aber das wird an diesem Tag nicht passieren.
 

Kommentar: Die prophetische Seite von Herrn Bauer bleibt an dieser Stelle unkommentiert.





Ehemalige Betroffene Beiratsmitglieder (Erzbistum Köln) auf der Demo „Schluss mit Schweigen“

 Zum Statement von Herrn Karl Haucke bei Maria 2.0 am 12.12.2020



Herr Haucke benennt die "neuen" Akteure, also die Stabsstelle Intervention, der er vorwirft, dass sie die Beiratsmitglieder allein gelassen hat, als diese Opfer von machtpolitischen Zwecken des Erzbistums wurden. Das ist allgemein gesehen so sicher nicht richtig. Nur weil er sich so fühlt, trifft das nicht auf alle anderen zu. Es müsste ihm doch klar sein, dass jedes Handeln immer unterschiedliche Wirkungen auf die Einzelnen hat. Es für alle richtig zu machen ist unmöglich. Wieso unterstellt er der Interventionsstelle, dass sie nicht mehr der Anwalt der Betroffenen ist? Das ist weder feige noch zynisch, sondern seine ureigene Sicht. Und sein Vorwurf, das aktive Schweigen seitens der Interventionsstelle  sei die Verweigerung, den Schutzauftrag zu erfüllen, schießt daneben, weil Schweigen an sich nicht in jedem Fall ein Fehler ist, sondern hier nur in seinen Augen. Dann wirft er dem "Schrumpfbeirat“ vor, dass er nicht für die Interessen der Betroffenen eintritt. Das ist, mit Verlaub, eine Frechheit und ein Affront gegen den immer noch bestehenden Beirat, dessen Mitglieder sich mit Sicherheit ihre Arbeit nicht leicht machen. Dann bezeichnet er die verbliebenen Beiratsmitglieder als Claqueure, wobei diese Bezeichnung ausschließlich auf sein Verhalten zutrifft, denn laut Definition bezeichnet ein Claqueur eine Person, die bei einem Theaterstück oder einer anderen öffentlichen Aufführung bezahlten Applaus liefert. Zweck des Claqueurs ist es, das Publikum zum Applaudieren zu bewegen. Und genau das trifft auf Herrn Haucke zu, er tritt vor die Kameras und Mikrofone und heischt Applaus. Warum sollte der Beirat seine persönlichen Befindlichkeiten zum Anlass nehmen, sich darum zu kümmern? Wieso hinterfragt er nicht die Gründe, warum die verbliebenen Beiratsmitglieder sich so entschieden haben wie sie es getan haben? Es ist das typische Verhalten eines Egomanen, sich als alleinseligmachend und allwissend zu sehen. Ich bin mir sicher, dass der immer noch bestehende Beirat seinen Auftrag nach wie vor sehr ernst nimmt und sich um die Belange Betroffener kümmert. Und wie mittlerweile bekannt ist, hat die Kanzlei Gercke, die das neue Gutachten erstellt, regelmäßige Treffen mit dem Beirat und bindet diesen in die Erstellung des Gutachtens ein, eine einmalige und sonst nirgendwo zu findende Sache. Ich bin mir sicher, dass auch durch diese gemeinsamen Anstrengungen im März 2021 ein erstklassiges Gutachten veröffentlicht wird. Wenn Herrn Haucke und den anderen ausgetretenen Beiratsmitgliedern wirklich was an einer sauberen und qualifizierten Aufarbeitung liegen würde, dann hätten sie den Beirat nicht verlassen, sondern sich gemeinsam mit allen anderen Beiratsmitgliedern dieser Aufgabe gestellt. Man könnte mutmaßen, dass sie sich dieser Aufgabe nicht gewachsen fühlen und stattdessen nur Wirbel machen, im Grunde aber der Sache eher schaden als nützen. Miteinander arbeiten ist meistens erfolgreicher als gegeneinander. Disqualifiziert haben sie sich, denn auf sie ist in keiner Weise Verlass, denn sie sagen heute so und morgen so, drehen also immer schön ihr Fähnchen nach dem Wind und zielen darauf ab, mal wieder im Mittelpunkt der Medien zu stehen. Fast könnte man es Kumpanei mit den Medien nennen. Der Schaden, der nach den Aussagen von Herrn Haucke angerichtet wurde, ist nicht von den verbliebenen Beiratsmitgliedern angerichtet worden, sondern von denjenigen, die wissentlich zunächst die Presseerklärung ohne Kommentar durchgehen ließen, um sich dann öffentlich dahingehend zu äußern, dass sie eigentlich anderer Meinung sind und dieses Statement vehement hinausposaunen. Ich kann verstehen, dass sich der Beirat in der momentan angespannten Lage ruhig verhält, weil er offenbar nicht beitragen will zum allgemeinen und durch die ehemaligen Beiratsmitglieder befeuerten Rummel. Man konzentriert sich auf die Arbeit, an der es gerade zur Zeit sicher nicht mangelt. Dass Herr Haucke den noch im Beirat befindlichen Mitgliedern permanent zu schaden versucht, finde ich destruktiv und tut der eigentlichen Sache der Aufklärung überhaupt nicht gut. Herr Haucke trägt jetzt seine Betroffenheit auf dem Präsentierteller vor sich her und bettelt um Aufmerksamkeit, verschwendet aber offensichtlich dabei keinen Gedanken an seine ehemaligen Beiratskollegen, die doch ebenfalls Betroffene sind und sich nur völlig anders verhalten, eben anderer Meinung als Herr Haucke sind, und das ist doch im Sinne der Meinungsfreiheit erlaubt. Lässt Herr Haucke keine andere Meinung neben seiner gelten? Ich vermute das sehr.



Copy: Wolfgang Wiegers  Dezember 2020

Zum Statement von Herrn Patrick Bauer bei Maria 2.0 am 12.12.2020



Herr Bauer beginnt mit vielem Dank an seinen persönlichen Helden Prof. Schüller und einem Dank an Herrn Haucke, der seiner Meinung nach alles auf den Punkt gebracht hat. Er will den Finger in die Wunde legen, die es aktuell so schwierig macht, Teil dieser Kirche zu sein. Seit 4 Jahren schweigt er nicht mehr. Seine These für heute lautet: Die katholische Kirche ist aus sich heraus unfähig, transparent zu sein und Aufarbeitung und Aufklärung zu leisten. Seiner Meinung nach werden Betroffene nur dann von der Kirche um ihre Meinung gefragt, wenn es dem System Kirche notwendig erscheint. Diese Aussage widerspricht dem, was der Beirat gemäß seiner Geschäftsordnung als Aufgabe sieht und leistet. Interessant ist doch, dass er selbst sich als Sprecher an die Spitze gestellt hat und von sich, seiner Arbeit und der Arbeit des Beirats überzeugt war. Als dann, wie bekannt ist, in einer Sondersitzung am 29.10.2020 eine Entscheidung getroffen wurde, nämlich dem Vorhaben, eine neue Studie zu erstellen, weil die von Westphal, Spilker, Wastl  als juristisch unhaltbar erkannt wurde, da hat er gemeinsam mit den anderen Beiratsmitglieder diesem Vorhaben zugestimmt. Am nächsten Tag, dem 30.10.2020, hat er die entsprechende Presseerklärung vor der Veröffentlichung genehmigt. Kurz darauf tut er in den Medien kund, dass er eigentlich anderer Meinung sei und diesen Weg ablehnt. Er gibt dann an, dass er diese Meinung als Privatmann vertritt. Wie fern der Realität ist das denn? Wenn man den Sprecher des Beirats seitens der Medien anspricht und nach seiner Meinung fragt, dann wird automatisch jede Aussage als die des Beiratssprechers ausgelegt. Das hätte er wissen müssen! Natürlich fühlten sich die anderen Mitglieder überrannt, aber, so glaube ich, nicht vom Erzbistum, sondern von dieser unmöglichen Aussage ihres Sprechers in den Medien. Herr Bauer hatte als Sprecher die Möglichkeit, die Presseerklärung noch zu stoppen. Das hat er nicht getan und damit das Vertrauen der Beiratsmitglieder in ihn als Sprecher zerstört. Dass die Beiratsmitglieder ihm mehrheitlich nicht mehr ihr Vertrauen aussprechen wollten war absehbar, woraufhin er als Sprecher zurückgetreten ist. Wenn er also jetzt sagt, dass Betroffene nur dann von der Kirche um ihre Meinung gefragt werden, wenn es dem System Kirche notwendig erscheint, dann hat er vorher ständig gelogen, denn er hat immer wieder in seinen Statements die Wichtigkeit des Beirats herausgestellt hat und war davon überzeugt, dass die Arbeit in diesem Gremium ein wichtiger Baustein für die Transparenz und die Aufarbeitung ist.


Er wirft den Bischöfen vor, dass sie eine Entscheidung hinsichtlich der Anerkennungsleistungen getroffen haben ohne die Betroffenen zu fragen oder zu informieren. Das stimmt und es wäre sicher schön gewesen. Aber eine Verpflichtung dazu gab und gibt es nicht.


Weiter wirft er dem Erzbistum Köln vor, dass diesem bereits im August 2019 der Fall von Pfarrer A. bekannt war, aber man hat den Beirat nicht informiert, sondern beschlossen, diesen Fall mit in das Gutachten zu nehmen. Das stimmt und eine Information des Beirats wäre schön gewesen. Er sagt, dass selbst über diese Entscheidung nicht mit dem Beirat kommuniziert wurde. Aber wie kann er eine Nichtinformation anprangern, wo er doch selbst dies ebenfalls praktiziert hat? Wie oben ausführlich beschrieben, hat er die anderen Beiratsmitglieder nicht von seinem Alleingang hinsichtlich der Informationen an die Medien informiert, in denen er sich vom Beschluss der Sondersitzung abgewandt und als Sprecher nicht den Beschluss des Beirats respektiert hat, sondern seine eigene Meinung ausbreitete.


Dass er nicht gefragt wurde, wenn Anfragen zu seiner Person vom Erzbistum ohne Rücksprache mit ihm vom Erzbistum beantwortet wurden ist zweifellos nicht korrekt. Und dass dies mit dem Argument „Das ist besser für Dich“ geschehen ist, ist ebenfalls nicht zu akzeptieren. Aber dies zu übertragen auf die Sondersitzung am 29.10.2020, das ist nicht korrekt. Wie mittlerweile bekannt wurde, ist jedes Beiratsmitglied gefragt worden, wie es zu dem Sachverhalt steht und alle haben persönlich zugestimmt. Was ist daran falsch? Und wenn es für ihn falsch war, warum hat er dann nicht opponiert? Wieso hat er die  Presseerklärung sang- und klanglos akzeptiert? Das hat mit Tätersprache, wie er es nennt, absolut nichts zu tun. Das Versagen liegt in diesem Fall eindeutig bei ihm und nicht beim Erzbistum. Man hätte dem Beirat gesagt, es ist besser für euch, wenn wir nicht veröffentlichen, ist ebenfalls falsch. Es wurde zunächst vom Kardinal und dem Generalvikar die Sichtweise des Erzbistums erläutert und dann wurde seitens der Juristen die fachliche Seite dargelegt. Diese kamen nach Rückfrage durch Kardinal und Generalvikar mit dem Einverständnis des Beirats in die Sitzung.


Und weiter geht es damit, dass behauptet wird, der Beirat sei innerhalb von eineinhalb Stunden gezwungen worden, eine Entscheidung zu treffen. Meines Wissens nach waren es rund 4 Stunden und zweitens wurde, wie oben schon ausgeführt, niemand gezwungen. Jeder hätte sich entweder enthalten, eine Bedenkzeit ausbitten oder eine andere als die getroffene Entscheidung fällen können.


Und dann kommt die Aussage: „Kirche fragt sich immer zuerst selbst was sie will. Kirche und ihre führenden Mitarbeiter schützen immer zuerst sich selbst, statt sich auszuliefern, wie es zutiefst jesuanisch wäre.“ Toll, und wie verhält er sich? In allen seinen Aussagen seit dem 30.10.2020 denkt er zuallererst an sich, an seine Befindlichkeit, und dies im Einklang mit den anderen ausgetretenen Mitgliedern, und zwar unter Einschaltung der Medien, die sich auf diese Sache stürzen, weil es Schlagzeilen und damit Auflage bringt. An die verbliebenen Mitglieder verschwendet Herr Bauer keinen Gedanken, es interessiert ihn nicht, wen er damit trifft, wie es den Mitgliedern geht, die zu der Entscheidung vom 29.11.2020 stehen. Er denkt, dass er richtig liegt, nicht die anderen. Und das soll kein in erster Linie An-sich-selbst-Denken sein? Weiter sagt er, dass das Erzbistum sich gebückt hat, statt nach einer Ohrfeige die andere Wange hinzuhalten. Man hätte sich bei der Entscheidung für das Zurückhalten der Münchener Studie hinter dem Beirat versteckt. – Erstens ist die Aussage „Wenn dir einer auf die eine Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin“ ein frommer Wunsch, aber sowas von abseits der Realität, dass er auf das praktische Leben keine Anwendung finden kann. Wenn er nach diesem Motto leben würde, dann würde er die Entscheidung des Beirats in der Sondersitzung akzeptiert haben und nicht kurze Zeit später alles zerschlagen. Und damit und mit seinen weiteren Äußerungen versetzt er allen noch verbliebenen Beiratsmitgliedern Ohrfeigen. Verstecken musste sich das Erzbistum nach der Sondersitzung keinesfalls hinter dem Beirat, sondern auf Augenhöhe ist die Entscheidung gefallen, das Münchner Gutachten nicht zu veröffentlichen und das neue Gutachten erstellen zu lassen. Und er selbst hat, wie alle anderen auch, diesem Vorgehen zugestimmt.


Zum Schluss fordert er, dass der Prozess der Aufarbeitung in unabhängige Hände gegeben werden soll. Was qualifiziert ihn zu einer solchen Forderung? Wieso wartet er nicht wie der Beirat das in Arbeit befindliche Gutachten ab? Niemand weiß heute um die Qualität des Gutachtens, aber wenn man die Aussagen der Kanzlei Gercke in den Medien verfolgt, kann man durchaus sehr guter Hoffnung sein, dass das Gutachten ganz im Sinne der Aufklärung und zur Zufriedenheit der Betroffenen ausfallen wird. Und Herr Bauer endet damit, dass die Kirche sich nicht selbst aufarbeiten kann. Mag durchaus stimmen, tut sie in diesem Fall ja auch nicht, denn die beauftragte Kanzlei ist ein unabhängiges Unternehmen, was vom Erzbistum zwar den Auftrag zur Studie hat, aber ohne Einflussnahme der Kirche das Gutachten erstellt. Und zur Vervollständigung: Der beauftrage Anwalt Gercke ist nicht in der katholischen Kirche (siehe Aussage Gercke im Interview mit domradio vom 15.12.2020, drittletzte Aussage von Gercke, 2. Absatz).


Copy: Wolfgang Wiegers  Dezember 2020





Bundeskabinett beschließt neue Amtszeit von Johannes-Wilhelm Rörig

pethens: 27.03.2019

Das Bundeskabinett hat am 27. März 2019 auf Vorschlag von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey Herrn Johannes-Wilhelm Rörig das Amt des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs für weitere fünf Jahre übertragen. Mit Herrn Rörig hat die Bundesregierung eine starke und kompetente Persönlichkeit für die Verbesserung von Schutz, Hilfe und Aufarbeitung bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche an ihrer Seite.
Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey: „Ich freue mich, dass Herr Rörig bereit ist, das Amt des Unabhängigen Beauftragten für weitere fünf Jahre auszuüben und danke ihm und seinem Team. Sexualisierte Gewalt gegen Mädchen und Jungen passiert immer noch viel zu häufig. Ich möchte alles dafür tun, dass jedes Kind geschützt wird. Dazu braucht es Durchsetzungskraft, Kompetenz und einen sensiblen Umgang mit dem Thema. All das bringt Herr Rörig mit. Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurden im Jahr 2017 13.500 Kinder und Jugendliche Opfer von sexualisierter Gewalt und Ausbeutung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht für Deutschland von einer Million betroffener Mädchen und Jungen aus, die sexuelle Gewalt erlebt haben oder erleben. Das sind statistisch pro Schulklasse ein bis zwei betroffene Kinder. Das zeigt wie wichtig es ist, den Akteuren vor Ort mehr Sicherheit im Umgang mit sexualisierter Gewalt zu geben – in Kitas, Schulen und Vereinen, in der Verwaltung und auch in gerichtlichen Verfahren. Allen, die mit Kindern arbeiten, muss klar sein, was sie bei einem Verdacht zu tun haben. Denn wir wissen aus den vielen Geschichten betroffener Menschen, wie schwer es sein kann, sich zu offenbaren, Hilfe zu holen oder den Missbrauch zu erkennen und zu beenden. Daran wollen wir gemeinsam weiterarbeiten.“

Noch in diesem Jahr wird Bundesministerin Dr. Giffey den Betroffenenrat neu berufen, der an die Amtszeit des Unabhängigen Beauftragten gekoppelt und bei seinem Amt eingerichtet ist. Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs wird ihre Arbeit bis Ende 2023 fortsetzen und am 3. April 2019 ihren ersten Bilanzbericht öffentlich vorstellen.

Bundesministerin Giffey und der Unabhängige Beauftragte Johannes-Wilhelm Rörig werden im Rahmen der neuen Amtszeit des Beauftragten und anlässlich des „Europäischen Tages gegen sexuelle Gewalt und Ausbeutung von Kindern“ am 18. November 2019 erstmals einen „Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ einberufen. Ziel ist es, gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Bund und Ländern, Wissenschaft und Fachpraxis sowie unter Beteiligung des Betroffenenrats und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission wirksame und ressortübergreifende Vorhaben zu entwickeln und zu begleiten. Der Nationale Rat soll Strategien zu einer dauerhaften Verbesserung von Prävention, Schutz und Hilfen bei sexualisierter Gewalt und Ausbeutung erarbeiten, Vorschläge für kind- und betroffenengerechtere Verfahren entwickeln und eine langfristige Forschungsstrategie zum Themenfeld aufstellen, damit Kinder und Jugendliche on- und offline wirksam geschützt werden.




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